Work-Life-Balance - so viel Freizeit dürfen sich Selbstständige gönnen

Unternehmer frei in der Natur

Während die maximale Arbeitszeit für Angestellte gesetzlich klar geregelt und begrenzt ist, sieht die Realität für viele Selbstständige in Deutschland anders aus. Eine Wochenarbeitszeit jenseits der 60 Stunden Marke ist keine Seltenheit. Vor allem in der arbeitsintensiven Startphase der Existenzgründung ist die Belastung sehr hoch. Insofern wird deutlich, warum die Work-Life-Balance gerade für Selbstständige eine extrem wichtige Rolle spielt. Nur ihre aktive und bewusste Gestaltung sorgt dafür, dass Arbeit und Familie bzw. Privatleben harmonisch unter einen Hut gebracht werden können.
 

Zeit, ein kostbares Gut!

Viele Existenzgründer machen sich mit dem Ziel selbstständig, mehr Zeit für sich und ihre Liebsten zu haben. Angesichts des skizzierten Arbeitspensums kann das nur gelingen, wenn die Work-Life-Balance, also ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit, bewusst gesucht wird. Es lohnt sich auf jeden Fall, diesen wichtigen Aspekt mit Blick auf Zufriedenheit und eine hohe Motivation näher zu beleuchten. Ohne Zufriedenheit wird es schwer, auf Dauer erfolgreich selbstständig zu arbeiten. Es darf auf Dauer keine Lösung sein, sich zwischen einem enormen Arbeitspensum und der Familien komplett aufzureiben. Arbeit und Familie müssen getrennt werden. Gerade nach Feierabend sollte dies auch strikt eingehalten werden. Ansonsten stehen Selbstständige unter Dauerspannung, die erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Und im Gegensatz zu einem Angestelltenverhältnis gibt es keinen Arbeitgeber, der von sich aus Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life-Balance anbietet.
 

Ausgangslage: Einige Fakten zur Orientierung  

Zum Thema Work-Life-Balance und Selbstständigkeit gibt es zahlreiche Studien, die sich in den meisten Fällen auf das gleiche Ergebnis verknappen lassen. Die meisten Selbstständigen und Freiberufler geben mehrheitlich an, dass sich trotz erhöhtem Arbeitspensum eine bessere Vereinbarkeit mit dem Privatleben nutzen lässt. Das erklärt, warum der Großteil der Selbstständigen trotz enormer Arbeitsbelastung zufrieden ist. Nur die wenigsten Existenzgründer können den Arbeitsaufwand auf 40 Stunden pro Woche begrenzen. Für sehr viele (angehende) Existenzgründer ist die bessere Vereinbarkeit von Familie & Beruf ein wichtiger Grund für den Schritt in die Selbstständigkeit. Grund genug also, diese Vereinbarkeit individuell zu planen und die eigene Zufriedenheit und letztlich auch Leistungsfähigkeit nicht dem Zufall zu überlassen. Immerhin gibt etwa ein Drittel der Selbstständigen an, Familie und Arbeit nicht wirklich gut vereinbaren zu können. Da sich eingefahrene Routinen schwer wieder ändern lassen, sollte jeder Gründer eine eigene Work-Life-Balance von Beginn an festschreiben und konsequent umsetzen. Die Ansicht, dass das Familienleben unter der Selbstständigkeit leidet, vertreten deutlich weniger als 20 % aller Befragten.
 

Folgen von permanentem Stress verdeutlichen

Die Wichtigkeit der Work-Life-Balance soll in körperlicher Hinsicht an dieser Stelle verdeutlicht werden. Generell sind Ruhe und Erholungsphasen für die körperliche Regeneration sehr wichtig. Wer ständig unter Stress leidet und womöglich schlecht schläft, riskiert ernsthafte gesundheitliche oder auch psychische Probleme. Bezeichnend ist in diesem Kontext, dass die Fälle von Burn-Out in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Letztlich ist permanenter Stress auch Gift für die Motivation. Und mit einer schwindenden Motivation wird es schwierig, genügend Energie in die konsequente Verfolgung von unternehmerischen Zielen zu stecken. Angesichts dessen ist eine individuelle Work-Life-Balance unverzichtbar, um positive Gegengewichte zu schaffen und um die eigene Produktivität hoch zu halten. Häufen sich irgendwann die Misserfolge, so endet der Stress in einem Teufelskreis. Maßnahmen zur Work-Life-Balance sollen in dieser Hinsicht sicherstellen, dass Selbstständige abschalten können und sich nicht alles im Leben nur um das Geschäft dreht.
 

Urlaub für Selbstständige: So wird die erholsame Auszeit geplant

Wenn wir über Erholungsphasen sprechen, rückt der Urlaub als Möglichkeit ganz automatisch in den Fokus. Während der Mindesturlaub für Angestellte gesetzlich vorgeschrieben ist, können Selbstständige im Grunde tun, was sie wollen. Sie müssen es sich nur erlauben können und Kunden sowie Kooperationspartner müssen die Auszeiten in irgendeiner Form dulden. Diese beide Punkte sind gerade für Existenzgründer in der Startphase kritisch. Sie wollen und müssen ständige Präsenz zeigen und durch maue Finanzen ist an Urlaub meistens nicht zu denken. Im Gegensatz zum Angestelltendasein fließt der Lohn nicht weiter und es wird auch kein Urlaubsgeld gezahlt. Wollen Selbstständige Urlaub machen, müssen sie Reserven bilden oder vorarbeiten, sofern dies überhaupt eine realistische Option darstellt. Urlaub ist daher ein zentraler Baustein für eine wirksame Work-Life-Balance. In dieser Zeit sollte die Arbeit ruhen und nur das Private im Fokus stehen. Grundsätzlich bietet sich für Selbstständige größtmögliche Flexibilität, sofern es das Geschäftsmodell oder die vorhandenen Strukturen zulassen. Abstriche sollten in dieser Hinsicht nur in der Startphase gemacht werden. In den ersten Monaten kann es durchaus sein, dass der volle Einsatz nötig ist. Spätestens, wenn die Akkus spürbar leer sind, ist aber eine Erholungsphase notwendig.
 

Wie viel Urlaub sollten sich Selbstständige nehmen?

Diese Frage ist nur sehr individuell zu beantworten. Die Möglichkeiten hängen von der Art der Existenzgründung und auch den finanziellen Möglichkeiten im Einzelfall ab. Wer Aufgaben delegieren kann, wird sich öfter eine Auszeit nehmen dürfen. Gleiches gilt für Kunden, die eine Pause von ein oder zwei Wochen ohne Probleme verkraften können. Die Orientierung an der gesetzlichen Untergrenze von 24 Tagen im Jahr scheint auch für Selbstständige sehr sinnvoll zu sein. Existenzgründer sollten sich frühzeitig Gedanken darüber machen, wie Urlaub möglich gemacht werden kann. Entsprechende Maßnahmen sind für reibungslose Abläufe frühzeitig zu ergreifen. Wie lang der Urlaub im Einzelfall sein sollte, lässt sich anhand folgender wissenschaftlicher Fakten eingrenzen. In einer Studie wurde herausgefunden, dass die perfekte Urlaubsdauer bei 8 Tagen liegt. In den ersten Tagen ist der Erholungseffekt am größten, danach nimmt er deutlich ab. Insofern erscheint eine kurze Dauer für alle Gründer ideal, die ohnehin kaum die Hände von der Arbeit lassen können. Eine Woche ist daher ein idealer Kompromiss zwischen Arbeit und Erholung, der aufgrund der kurzen Dauer auch mehrmals im Jahr wiederholt werden kann. Auch ein verlängertes Wochenende kann schon ausreichen, um den Kopf wieder frei zu bekommen und jeden Tag Höchstleistungen zu vollbringen. Eine weitere Herausforderung steht dann nach der Rückkehr in den Arbeitsalltag an. Bei den meisten Menschen ist der Erholungseffekt schon nach 10 Tagen Arbeit wieder dahin. Dies zeigt, warum tägliche Routinen in puncto Work-Life-Balance wichtig sind. Es handelt sich nicht um isolierte Maßnahmen, sondern um einen stetigen Prozess.
 

Ausgleich schaffen: Tipps für eine individuell wirksame Work-Life-Balance

Bis dato wurden Gründe skizziert, die die Wichtigkeit der Work-Life-Balance gerade für Selbstständige zeigen. Damit es nicht nur bei Willensbekundungen bleibt, sollen im Folgenden konkrete Tipps vorgestellt werden, die sich in der Praxis bewährt haben. Was die Gewichtung und persönliche Schwerpunkte angeht, so besteht viel flexibler Handlungsspielraum. Letztlich muss jeder Existenzgründer seinen eigenen Weg für einen wirksamen Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben finden. Eine anfängliche Prioritätenliste kann sehr hilfreich sein, seine eigene Wünsche und Bedürfnisse sehr konkret zu benennen.
 

  • Arbeitszeiten bewusst bestimmen

Theoretisch könnte jeder Selbstständige arbeiten, wann und wie er wollte. Wären da nicht Kunden und Kooperationspartner, die einen gewissen ‚Erreichbarkeitsrahmen‘ vorgeben. In jedem Falle sollten die Arbeitszeiten bewusst mit Blick auf die geplante Work-Life-Balance gestaltet werden. Puffer können dabei helfen, unerwartete Aufgaben flexibel zu erledigen. Damit nicht jeder Tag eintönig erscheint, sollten die Arbeitszeiten wechseln. Letztlich sollten sie sich auch dem persönlichen Lebens- und Biorhythmus anpassen: Wann bin ich am leistungsfähigsten? Zu welcher Tageszeit möchte ich eher ungerne arbeiten? Wann brauche ich für mich bzw. meine Familie unbedingt freie Zeit? Zur bewussten Gestaltung von Arbeitszeiten gehört auch, dass das Abschalten wörtlich genommen werden sollte. Smartphone und Laptop sollten außer Reichweite sein. Die ständige Erreichbarkeit ist nämlich ein großes Problemfeld, das für Selbstständige schnell zu einer enormen Belastung werden kann.
 

  • Zeit durch Pläne bewusster nutzen

Wer als Selbstständiger munter in den Tag hinein arbeitet um am Ende darauf hofft, dass noch Freizeit herausspringt, wird oft ins Leere schauen. Daher gilt es für eine wirksame Work-Life-Balance, Pläne zu schmieden und die Arbeit bis zu einer bestimmten Zeit auch wirklich ruhen zu lassen. Was sehr wichtig ist, kann bis dato schon erledigt werden. Keinem Existenzgründer nützt eine Work-Life-Balance, die nur auf dem Papier eine gute Figur abgibt. Sie muss gelebt leben, um ihre ausgleichende Wirkung im stressigen Arbeitsalltag entfalten zu können.
 

  • Nein sagen und andere machen lassen

Gerade zu Beginn nehmen Existenzgründer alles an Arbeit an, damit der Wachstumskurs gesichert werden kann. Damit tun sie sich aber keinen wirklichen Gefallen, denn der Fokus auf den Kern der Gründung geht so meistens verloren. Insofern sind bewusste Entscheidungen gegen einen nicht lukrativen Auftrag als positive Entscheidung für die Work-Life-Balance zu sehen. Es macht weder wirtschaftlich noch mit Blick auf die Motivation Sinn, sich für einen unbedeutenden Auftrag aufzureiben. Prioritäten sind in jeder Hinsicht wichtig für eine individuell sehr ausgewogene Work-Life-Balance. Wer keinen Ein-Mann-Betrieb gründet, kann und sollte Aufgaben delegieren. Dies hat den Vorteil, dass auch andere im Team mit vielen Aufgaben betraut werden können. Ohne diese Grundvoraussetzungen wäre der Chef in einem kleinen Startup nicht in der Lage, in den Urlaub zu fahren. Bei der Abgabe von Aufgaben spielt die angesprochene Priorisierung wieder eine wichtige Rolle.
 

  • Struktur in den Arbeitsalltag bringen

Was in Unternehmen mehr oder weniger geregelt ist, müssen Selbstständige selber in Angriff nehmen. Hierzu gehören Ruhe- und Mittagspausen, um nicht endlose Stunden am Stück am Schreibtisch zu verbringen. Zudem sollte Privates und Geschäftliches konsequent getrennt werden, vor allem auch in räumlicher Hinsicht. Ein separater Raum oder eines eigenes, externes Büro kann sich also sehr hilfreich erweisen, um keine Konflikte in diesem Bereich zu provozieren.
 

  • Mehr Sport und Bewegung als Ausgleich

Wer viel arbeitet und sich dabei wenig bewegt, braucht Sport als Ausgleich. Regelmäßige Bewegung verbessert das Wohlbefinden und die eigene Leistungsfähigkeit deutlich. Und gerade nach einem sehr stressigen Tag kann Sport als belebendes Ausgleichsventil fungieren. Durch die Bewegung wird Stress abgebaut. Ausgeschüttete Glückhormone sorgen dafür, dass am nächsten Tag mit frischer Energie neue Herausforderungen angegangen werden können. Eine gesunde und bewusste Ernährung kann ebenfalls dazu beitragen, effektive Rahmenbedingungen für eine wirksame Work-Life-Balance herbeizuführen.  
 

Zusammenfassung zur Wichtigkeit der Work-Life-Balance für Selbstständige

  • Trotz eines hohen Arbeitspensums jenseits der 40-Stunden-Marke sind Selbstständige mehrheitlich der Ansicht, Beruf und Privates besser als Angestellte vereinen zu können

  • Lang anhaltender Stress kann ohne wirksame Ausgleichsfaktoren dauerhaft zu einem Gesundheitsproblem werden. Für eine hohe Produktivität sollten Selbstständige daher auf eine individuell ausgearbeitete Work-Life-Balance setzen

  • Urlaub sollte für Selbstständige eine zentrale Rolle mit Blick auf die Work-Life-Balance spielen. Wissenschaftlicher wollen herausgefunden haben, dass 8 Tage die ‚erholsamste Urlaubslänge‘ darstellen

  • Eine individuell abgestimmte Work-Life-Balance darf niemals nur auf dem Papier stehen. Sie muss aktiv gelebt werden, damit Gesundheit und Motivation positiv beeinflusst werden können

  • In diesem Beitrag wurden praxiserprobte Tipps skizziert, um im Arbeitsalltag für einen bewussten Ausgleich zur fordernden Tätigkeit zu sorgen.

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