Müssen Animateure ein Gewerbe anmelden?
Wer als Animateur arbeiten will, entscheidet sich auf den ersten Blick für eine Tätigkeit mit hohem Unterhaltungswert. Arbeiten und die Sonne genießen da, wo andere Urlaub machen! Ganz so sieht es in der Realität aber nicht aus, denn es handelt sich um lange Arbeitstage von bis zu 12 Stunden, bei denen kaum Zeit für Privates bleibt. Und wer wirklich Spaß an dieser unterhaltungsorientierten Tätigkeit haben möchte, kann hier zentralen formalen Rahmenbedingungen praxisorientiert nachgehen: Müssen Animateure ein Gewerbe anmelden?
Grundsätzlich: Wer muss ein Gewerbe anmelden?
In Deutschland muss auf Grundlage der Gewerbeordnung jeder ein Gewerbe anmelden, der eine gewerbliche Tätigkeit und somit keinen freien Beruf ausübt. Es handelt sich grundsätzlich um eine selbstständige Tätigkeit. Diese ist dann gewerblicher Natur, wenn sie dauerhaft und mit Gewinnorientierung ausgeübt wird. Für eine mögliche Gewerbepflicht als Animateur ist vor allem das Kriterium der Weisungsgebundenheit interessant: Die meisten Animateure im Ausland sind bei Hotels oder großen Reiseveranstaltern angestellt, sodass nicht von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen ist. Da das Hotel und der Reiseveranstalter oder eine Agentur die Rahmenbedingungen vorgeben, passt eine selbstständige Tätigkeit nicht wirklich zum Berufsbild des klassischen Animateurs. Sie wäre in finanzieller Hinsicht auch nicht erstrebenswert, da angestellte Animateure in Hotels Flüge und die Unterkunft in aller Regel bezahlt bekommen. Wer sein Glück als Unterhaltungskünstler dagegen auf selbstständiger Basis versuchen möchte, müsste alles selber zahlen. In jedem Fall lohnt sich ein Blick über die Landesgrenzen Deutschlands hinaus, denn bei dieser Tätigkeit ist ein Aufenthalt im Ausland ja fast naturgemäß erforderlich.
Gastanimateure als flexibel eingesetzte Freelancer
Zur Hochsaison kann es vorkommen, dass Hotels oder Reiseveranstalter für einen begrenzten Zeitraum auf Gastanimateure zurückgreifen, die das fest angestellte Team unterstützen sollen. Je nach Art der Tätigkeit und den gesetzlichen Rahmenbedingungen im Zielland ist zu prüfen, ob die Pflicht zur Gewerbeanmeldung vorliegt. Das kann aber in diesem Szenario durchaus auch ohne Gewerbepflicht funktionieren, da die Tätigkeit zeitlich klar begrenzt ist. Erfahrungen in der Branche zeigen, dass solche Freelancer unter den Animateuren in der Regel schlechter bezahlt werden als fest angestellte Kollegen. Insofern stellt sich die Frage, ob eine selbstständige Tätigkeit als Animateur dann überhaupt Sinn macht bzw. ob sich der Gründer dann nicht komplett von Hotels und Reiseveranstaltern fernhalten sollte?
Worum geht es bei der Geschäftsidee ‚Animateur werden‘?
Grundsätzlich kann die Frage einer möglichen Gewerbepflicht nur im Einzelfall mit Blick auf die jeweilige Geschäftsidee beantwortet werden: Wer Animateur eher als Unterhaltungskünstler versteht und mit Gesang, Tanz, Comedy oder Akrobatik auftreten will, wird nur kurzzeitige Engagements anstreben. Dies lässt sich rein formal mit einer selbstständigen Tätigkeit vereinbaren, wobei es gerade im Ausland angesichts der angestellten Animateure schwer sein dürfte, mit dieser Geschäftsidee Fuß zu fassen. In Deutschland kommt mit Blick auf die Frage ‚Müssen Animateure ein Gewerbe anmelden‘ noch die Unterscheidung zu freien Berufen hinzu. Grundsätzlich kann ein Animateur eine künstlerische Tätigkeit ausüben. Je nach Hintergrund und besonderer Begabung ließe sich eine gewisse Schöpfungshöhe rechtfertigen, sodass unter Umständen keine Gewerbeanmeldung notwendig wäre. Gute Karten hätte ein Animateur beispielsweise, wenn er eine Gesangsausbildung nachweisen könnte. Wenn eine solche Tätigkeit im Ausland auf selbstständiger Basis durchgeführt werden soll, kommt allerdings in der Regel nur eine Gewerbeanmeldung in Frage. Die in Deutschland oftmals kritisierte Unterscheidung zwischen Gewerbe und freiem Gewerbe gibt es in dieser Form in keinem anderen Land. Es wäre also naiv davon auszugehen, dass im Ausland (insbesondere außerhalb der EU) die gleichen formalen Rahmenbedingungen genutzt werden können. In Deutschland jedenfalls müsste das zuständige Finanzamt entscheiden, ob eine selbstständig arbeitender Animateur als Freiberufler zu behandeln ist.
Mögliches Szenario einer Scheinselbstständigkeit
Dieses Szenario gilt prinzipiell auch über die Landesgrenzen Deutschlands hinweg: Wer auf eigene Rechnung arbeitet (also keinen festen und regelmäßigen Lohn bekommt), aber in Strukturen und Prozesse fest eingebunden ist, ist vom Status her defacto nicht selbstständig. Es würde sich um eine Scheinselbstständigkeit handeln bzw. wäre der Künstler/Animateur defacto angestellt. Da er dies aber offiziell nicht ist, entgehen ihm in Deutschland Sozialleistungen bzw. der gesamte 50%-tige Arbeitgeberanteil. Wie die Nachteile im Ausland sind, lässt sich nur konkret anhand der Gesetzeslage im Zielland sagen. Dazu sind ggf. Recherchen notwendig.
Kurzer Exkurs: Gewerbepflicht im Ausland
Wer sich mit seinem Angebot als Animateur dauerhaft etablieren und wirtschaftlichen Erfolg nicht gefährden will, braucht belastbare und vor allem planbare Rahmenbedingungen. Das gilt vor allem, wenn die Existenzgründung im Ausland als Option in Erwägung gezogen wird. Und für Animateure liegt es nahe, diesen Schritt zu gehen, zumal die Animationskultur in deutschen Hotels nicht allzu stark ausgeprägt ist.
Generell gilt: In Europa gibt es noch keinen grenzüberschreitenden Gewerbeschein. Zwar gilt im Rahmen des EU-Rechts ein generelles Diskriminierungsverbot. Aber wenn ein Gewerbe in einem anderen Land aus- bzw. fortgeführt werden soll, können die Behörden vor Ort durchaus eine Gewerbeanmeldung gemäß der landesüblichen gesetzlichen Rahmenbedingungen einfordern. Kurzum heißt das, dass ausländische Behörden einen deutschen Gewerbeschein nicht anerkennen müssen. Und wenn das bereits innerhalb der EU so ist, so sehen die formalen Rahmenbedingungen außerhalb der Grenzen Europas nochmal komplexer aus. Wer als Animateur bzw. Unterhaltungskünstler im Ausland selbstständig durchstarten möchte, sollte die gesetzlichen Rahmenbedingungen genau prüfen. Nur so können alle Voraussetzungen erfüllt werden, kostenintensive Verzögerungen lassen sich ausschließen.
Die Frage nach dem Ort der Steuerpflichtigkeit
Wer gewerbepflichtig mit seiner Geschäftsidee ist und ins Ausland gehen will, muss entscheiden, wo der Sitz des Unternehmens liegen soll. Der Sitz des Unternehmens ist maßgeblich für die Frage, in welchem Land steuern abzuführen sind. Das ist der Grund, warum sehr umsatzstarke Unternehmen wie beispielsweise Amazon gezielt auf Steueroasen setzen, um die Abgabenlast so gering wie möglich zu halten. Zwar kann es sein, dass im Ausland mit weniger Abgaben zu rechnen ist. Dafür müssen in Bezug auf stabile und berechenbare Rahmenbedingungen und eine funktionale Infrastruktur oft Abstriche gemacht werden. Hinzu kommt, dass Gewerbeanmeldungen im Ausland oft kompliziert sind, hinzu kommen (fach)sprachliche Barrieren. Daher ist eine Beratung bzw. Fachbegleitung für unerfahrene Existenzgründer im Ausland zu empfehlen. Mit Blick auf den Sitz für die geschäftliche Tätigkeit stellt sich gerade bei Animateuren die Frage, ob er von Dauer im Ausland sein wird oder ob es sich um einen begrenzten Zeitrahmen handeln soll. Zu bedenken ist in diesem Kontext, dass es sich je nach Zielland und Klimazone um eine Tätigkeit handelt, die starken saisonalen Schwankungen ausgesetzt ist.
Wie sieht es mit Versicherungen für selbstständige Animateure aus?
In Bezug auf die wichtige Krankenversicherung besteht innerhalb der EU in der Regel kein Handlungsbedarf, denn gesetzliche Krankenversicherungen zahlen auch für Behandlungen im Ausland. Unter Umständen kann es im persönlichen Fall sinnvoll sein, Optionen einer privaten Zusatzversicherung zu prüfen. Wer als Selbstständiger bzw. Gewerbetreibender eine private Krankenversicherung abgeschlossen hat, sollte im Vertrag prüfen, inwieweit sich die Kostenübernahme auf das (europäische) Ausland erstreckt. Alternativ kann geprüft werden, welche Optionen für Selbstständige in puncto Krankenversicherung im Ausland genutzt werden können. Da es immer zu Schäden am Eigentum Dritter kommen kann, ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für das Ausland prüfenswert. Das Thema private Rentenvorsorge sollte nicht in Vergessenheit geraten, wenn eine Existenzgründung als Animateur im Ausland verwirklicht werden soll.
Zusammenfassung zur Frage ‚Müssen Animateure ein Gewerbe anmelden‘?
Ein Blick auf den relevanten Zielmarkt zeigt, dass die große Mehrheit der Animateure bei Hotels oder Reiseveranstaltern fest angestellt ist (ggf. zeitlich begrenzt aufgrund des grundsätzlich saisonalen Geschäfts)
Freelancer werden in dieser Branche auch als Gastanimateure bezeichnet
Sobald Weisungsgebundenheit vorliegt, ist in der Regel ohnehin nicht von einer selbstständigen Tätigkeit als Animateur auszugehen
Ob Animateure ein Gewerbe anmelden müssen hängt
von den Inhalten der Tätigkeit und dem eigenen Ausbildungshintergrund sowie
von den gesetzlichen Bestimmungen im Zielland ab
Innerhalb der EU gibt es bis dato noch keinen grenzüberschreitenden bzw. allgemeingültigen Gewerbeschein, auch nicht für ein Reisegewerbe
Insofern müssen ausländische Behörden einen deutschen Gewerbeschein nicht anerkennen. Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, sich vorab mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen rund um die Gewerbeanmeldung im Zielland zu beschäftigen
Zu klären ist ferner die Frage, wo der Existenzgründer seinen Sitz hat bzw. gemeldet ist. Von dieser Frage hängt vor allem ab, wo Steuern für gewerbliche Tätigkeit als Animateur zu entrichten sind.
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