Berufsgenossenschaft - das müssen Selbstständige wissen

Mann tritt mit Arbeitsschuhen in Nagel

Die Berufsgenossenschaft spielt eine wesentliche Rolle im deutschen System der sozialen Sicherheit, insbesondere für Selbstständige. Sie fungiert als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und deckt Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten ab. Selbstständige, die nicht per Gesetz zur Mitgliedschaft verpflichtet sind, können sich freiwillig versichern lassen. Diese Entscheidung sollte wohlüberlegt sein, da die Berufsgenossenschaft nicht nur im Falle eines Unfalls Schutz bietet, sondern auch präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten unterstützt. Die Beiträge sind je nach Risikoklasse der Tätigkeit und Einkommen gestaffelt und beinhalten neben der Absicherung gegen Unfälle auch Rehabilitationsmaßnahmen und im Ernstfall eine finanzielle Unterstützung. Die Anmeldung zur Berufsgenossenschaft erfolgt durch eine formlose Mitteilung oder über das zuständige Versicherungsamt. Es ist ratsam, sich im Vorfeld genau über die spezifischen Regelungen und Vorteile zu informieren, die die jeweilige Berufsgenossenschaft bietet, um den individuellen Bedürfnissen und Risiken der selbstständigen Tätigkeit gerecht zu werden.

Die Anmeldung bei der BG ist grundsätzlich verpflichtend

Jedes neu gegründete Unternehmen, egal ob Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaft, muss sich gemäß § 192 SGB VII innerhalb einer Woche nach der Gründung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anmelden. Dies gilt unabhängig davon, ob Mitarbeiter beschäftigt werden. Unternehmer selbst, die einen persönlichen Unfallversicherungsschutz wünschen, haben zudem die Option, sich freiwillig bei der Berufsgenossenschaft anzumelden.

 

Berufsgenossenschaften: Anzahl und rechtliche Stellung

Berufsgenossenschaften werden als Sozialversicherungsträger beschrieben. Sie agieren als sogenannte Körperschaften des öffentlichen Rechts, organisieren sich selbst und finanzieren sich über die Mitgliedsbeiträge. Unternehmen, die Mitgliedsbeiträge bezahlen, werden in der Regel via Pflichtmitgliedschaft einer Berufsgenossenschaft zugeschlagen. Die eingangs beschriebene Zweiteilung in gewerbliche Berufsgenossenschaften und landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften gestaltet sich so:
 

1.) Aktuell gibt es 9 gewerbliche Berufsgenossenschaften.

Gegliedert sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Wirtschaftszweigen. So werden sie bezeichnet:

  • a. BG BAU. Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft
  • b. BG ETEM. Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse
  • c. BG RCI. Berufsgenossenschaft Rohstoffe und Chemische Industrie
  • d. BG Verkehr. Berufsgenossenschaft für Verkehrswirtschaft und Transport
  • e. BGHM. Berufsgenossenschaft Metall und Holz
  • f. BGHW. Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik
  • g. BGN. Berufsgenossenschaft Gastgewerbe und Nahrungsmittel
  • h. BGW. Berufsgenossenschaft Wohlfahrtspflege und Gesundheitsdienst
  • i. VBG. Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Berufsgenossenschaft der Banken, Verwaltungen, Versicherungen, freien Berufe, Künstler der Keramik- und Glas-Industrie, Betriebe der Eisen-, Straßen- und U-Bahnen
     

2.) Bis Ende 2012 gab es neun landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften.

Seit 2013 wurden diese formal umbenannt. Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, kurz: SVLFG, ist heute die korrekte Bezeichnung. Sie SVLFG ist Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung für die Berufsgenossenschaft, die Alterskasse, die Krankenkasse und die Pflegekasse.

Weitere Spezialformen sind sogenannte Eigenunfallversicherungsträger wie etwa die Gemeindeunfallversicherung oder die Feuerwehr-Unfallkassen. Für Bundesbehörden ist die Unfallkasse des Bundes zuständig.
 

Die Anmeldung von Arbeitnehmern ist Pflicht!

Grundsätzlich gilt: Es ist immer nur ein Unfallversicherungsträger für ein Unternehmen zuständig. Agiert ein Betrieb in mehreren Branchen, so ist die Hauptbranche zu wählen. Fakt ist, dass mit Gründung eines Unternehmens die Anmeldung der Mitarbeiter bei der Berufsgenossenschaft erfolgen muss. Das ist unabhängig von der Art und der Rechtsform des Unternehmens und bezieht sich immer auf den Betrieb.

Seit einem einschlägigen Urteil des Bundesgerichtshofes gilt: Jeder Arbeitgeber muss die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer bei der Berufsgenossenschaft anmelden und damit gegen Arbeitsunfälle versichern. Ein Beispiel aus der Praxis: Der geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH ist als Angestellter des Unternehmens bei der Berufsgenossenschaft anzumelden. Dabei spielt die Unternehmensgröße keine Rolle. Ab einem Mitarbeiter sind die Beschäftigten in der entsprechenden Berufsgenossenschaft zu versichern. In Deutschland sind dieser Verpflichtung im Jahr 2017 mehr als drei Millionen Unternehmen nachgegangen.


Für die beschäftigten Mitarbeiter gibt es bei einer Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft nur Vorteile. Sie haben bezüglich einer gesetzlichen Unfallversicherung keine finanziellen Ausgaben, denn die Mitgliedsbeiträge sind vom Arbeitgeber zu entrichten.

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Selbstständige: Freiwillige Versicherung in der Berufsgenossenschaft!

Jeder Selbstständige muss selbst entscheiden, ob er sich freiwillig für den Fall absichern möchte, dass ihm beispielsweise auf dem Arbeitsweg ein Unfall passiert. Während für die Pflichtversicherten der Beitrag mit Blick auf die Lohnsumme berechnet wird, dürfen Selbstständige ihre Versicherungssumme selbst bestimmen. Die Versicherungssumme sollte sich jedoch nach dem eigenen realistischen Einkommen richten.
Bei vielen Berufsgenossenschaften sind die Jahresbeiträge auch verhältnismäßig gering bei einem recht umfangreichen Versicherungsschutz. Die Beiträge sind in den vergangenen Jahren sogar kontinuierlich gesunken.

Selbstständige ohne Angestellte sind in der Regel nicht pflichtversichert. Im entsprechenden Gesetz steht explizit beschrieben, wer per Gesetz zu den pflichtversicherten Selbstständigen zählt.

Für wen ist die freiwillige Versicherung in einer Berufsgenossenschaft besonders sinnvoll?
Grundsätzlich kann man sagen, dass die Absicherung in einer Berufsgenossenschaft besser ist als in einer Krankenkasse, weil dort die Leistungen früher beschränkt werden.

  • Für Existenzgründer beispielsweise ist die freiwillige Unfallversicherung empfehlenswert, gerade wenn sie noch sehr jung sind. Damit können Verdienstausfallzeiten deutlich leichter überbrückt werden. Die BG sollte eine Woche vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit informiert sein.

  • Als Freiberufler sollte man sich jeweils in der Berufsgenossenschaft(BG) versichern, die sich in dem jeweiligen Gewerbe zuständig zeichnet. Sie müssen sich eigenständig bei der zuständigen BG anmelden. Ein formloses Anschreiben reicht dabei aus.


    Der Beginn des Versicherungsschutzes ist der Tag, an dem der schriftliche Antrag eingegangen ist. Bei entsprechender Bezahlung bleibt die Mitgliedschaft bestehen. Allerdings erlischt die Versicherung, sobald zwei Monate nach der Fälligkeit noch nicht gezahlt wurde.
     

    Tipp: Steuerliche Absetzbarkeit von Beiträgen

    Bei einer freiwilligen Versicherung in der Berufsgenossenschaft sind die gezahlten Beiträge von der Steuer absetzbar. Alle Unternehmer, aber auch die Ehepartner können diese Kosten als Betriebsausgaben und Werbungskosten anmelden.

     

    Alternativen prüfen: BG oder Private Unfallversicherung?

    Die Entscheidung, ob Selbstständige eine private Unfallversicherung abschließen sollten oder sich besser bei einer Berufsgenossenschaft versichern lassen, hängt von mehreren Faktoren ab. Hier sind einige Aspekte, die in Betracht gezogen werden sollten:

    • Umfang des Versicherungsschutzes: Die gesetzliche Unfallversicherung durch die Berufsgenossenschaft deckt Unfälle bei der Arbeit und auf dem Weg zur Arbeit sowie Berufskrankheiten ab. Private Unfallversicherungen bieten hingegen oft einen umfassenderen Schutz, der auch Unfälle in der Freizeit einschließt.
    • Kosten und Leistungen: Private Unfallversicherungen können je nach Tarif und Anbieter variieren, sowohl in der Höhe der Beiträge als auch im Umfang der Leistungen. Es ist wichtig, die Kosten im Verhältnis zu den gebotenen Leistungen zu bewerten.
    • Individuelle Risiken: Je nach Art der selbstständigen Tätigkeit und dem damit verbundenen Risiko kann eine private Unfallversicherung sinnvoller sein. Berufe mit hohem Risiko oder spezifischen Gefahren könnten durch eine private Versicherung besser abgedeckt werden.
    • Präventive Maßnahmen und Unterstützung: Berufsgenossenschaften bieten nicht nur Versicherungsschutz, sondern auch präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen am Arbeitsplatz. Dies kann für Selbstständige, die Wert auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz legen, ein wichtiger Aspekt sein.
    • Mögliche Kombination beider Versicherungen: In einigen Fällen kann eine Kombination aus gesetzlicher und privater Unfallversicherung sinnvoll sein, um eine umfassende Absicherung zu gewährleisten.

    Es empfiehlt sich, die spezifischen Bedürfnisse und Risiken der eigenen beruflichen Tätigkeit genau zu analysieren und gegebenenfalls eine individuelle Beratung in Anspruch zu nehmen, um die optimale Entscheidung hinsichtlich des Versicherungsschutzes zu treffen.

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    Die Leistungen der Berufsgenossenschaften

    Prävention und Unfallentschädigung sind die zwei Hauptaufgaben, die Berufsgenossenschaften zu stemmen haben. So geht es den Berufsgenossenschaften zum einen darum,

    • Arbeitsmittel zu überprüfen,

    • Mitarbeiter zu schulen

    • präventiv zu agieren,

    • über betriebliche Sicherheit zu informieren und

    • Vorschriften, die der Sicherheit dienen, einzuführen.

    Darüber hinaus treten die Berufsgenossenschaften dann in Aktion, wenn trotz aller Präventionsmaßnahmen dennoch ein Unfall passiert. Dann steht die Rehabilitation des Menschen im Fokus und Berufsgenossenschaften fungieren als inhaltlicher Ratgeber in Bezug auf medizinische und berufliche Maßnahmen sowie als finanzielle Stütze. Auch die Wiedereingliederung in den Beruf ist Aufgabe der Berufsgenossenschaften. Finanziell betrachtet sind Berufsgenossenschaften die Akteure, die über Geldleistungen wie Übergangsgeld, Verletztengeld, Pflegegeld, Sterbegeld und Rente entscheiden können.
     

    Versicherungsfall: "Unfall"

    Ein Arbeitsunfall im juristischen Sinne (nach §8 Sozialgesetzbuch VII) ist ein „zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt“ – und das im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit. Bevor Berufsgenossenschaften zahlen, prüfen sie den Sachverhalt sehr genau. Vor allem geht es dabei um die Frage, ob es sich tatsächlich um einen Unfall im gesetzlichen Sinne handelt und wie er im Zusammenhang mit der der Arbeit steht. Verschiedene Aspekte werden hierbei unter die Lupe genommen:

    • Gibt es eine Vorerkrankung?
      Wenn die eigentliche Ursache des Unfalls eine Vorerkrankung war, gibt es Probleme bei der Übernahme der Unfallkosten. Das Beispiel ist eine Frau, die während der Arbeit umgeknickt und sich dabei verletzt hatte. Allerdings lag ein Bänderriss von vor 22 Jahren vor.
      Berufsgenossenschaften erkundigen sich deswegen häufig bei Krankenkassen, ob Vorschädigungen am betroffenen Körperteil vorliegen.

    • Besteht ein betrieblicher Zusammenhang?
      Ein häufiger Streitpunkt ist der betriebliche Zusammenhang des Unfalls. Als ein Mechaniker beispielsweise auf der Firmentoilette auf dem rutschigen Boden ausgerutscht war und sich den Kopf angeschlagen hatte, lehnte die BG dies als Arbeitsunfall ab. Die Begründung: Ein Toilettenbesuch sei von privater Natur. Der Weg hin und von der Toilette ist wiederum versichert.

    • Weg zur Arbeit
      Alle Wegeunfälle, also Unfälle, die auf dem Hin- oder Rückweg zur Arbeit geschehen, gelten als Arbeitsunfall. Dabei zählt der unmittelbare und direkte Weg ohne Umwege zum Einkaufen oder Tanken. Der regelmäßige Umweg, um sein Kind zur Kita zu bringen, sind hingegen mitversichert, auch Umleitungen sind inbegriffen.

    • Streitfall Arztbesuch
      Verunglückt ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit auf dem Rückweg von einem Arztbesuch, übernimmt die BG keine Kosten. Steht der Besuch des Arztes nicht ausdrücklich in einem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit, besteht auch auf dem Hin- und Rückweg kein Versicherungsschutz.

    • Streitfall Mittagspause
      Auch während einer Mittagspause genießen Arbeitnehmer nur bedingten Versicherungsschutz. Geschieht der Unfall auf direktem Weg zum Essen außerhalb des Betriebes, zahlt die BG. Bei anderen Erledigungen gibt es keine Kostenübernahme.
      Übrigens ist der Aufenthalt in der Kantine selbst nicht mitversichert.
       

    Die Leistungen nach einem Unfall

    Übernimmt die Berufsgenossenschaft bei einem Unfall den Versicherungsschutz, hat der Arbeitnehmer oder der Selbstständige hingegen einige Leistungen zu erwarten.
    Wichtig ist zunächst, dass der BG ein Arbeitsunfall unmittelbar gemeldet werden muss, auch wenn die Verletzungen verhältnismäßig gering erscheinen mögen. Mögliche Spätfolgen durch den Unfall werden nicht übernommen, wenn der Unfall nicht rechtzeitig gemeldet wurde.

    Vor allem für die Folgen eines Unfalls ist ein Versicherungsschutz bei der Berufsgenossenschaft günstig und das über verschiedene Phasen hinweg:

    Kann ein Betroffener aufgrund des Unfalls erst mal nicht mehr arbeiten, kommt es zu einer Lohnfortzahlung. Das bedeutet die Auszahlung des vollen Arbeitslohns in den ersten sechs Wochen. Bei Selbstständigen wird das durchschnittliche Einkommen der vergangenen sechs Wochen herangezogen.

    Besteht die Arbeitsunfähigkeit danach weiter, kommt es zur Auszahlung von Verletztengeld. Die Berufsgenossenschaft zahlt in diesem Fall ungefähr 80 Prozent des üblichen Einkommens.
    Auch Maßnahmen zur Rehabilitation können von der BG übernommen werden, wie spezielle Krankenhilfsmittel oder Spezialschuhe.

    Gibt es auch nach 78 Wochen nach dem Arbeitsunfall noch Beschwerden und besteht eine verminderte Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Prozent, kommt es zur Auszahlung einer Verletztenrente. Hierauf besteht allerdings auch kein Anspruch, darüber entscheidet die Berufsgenossenschaft individuell.
     

    Höhe der Beitragssätze

    Bei einem Unfall zahlt sich für einen Versicherten die Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft schnell aus. Doch was kostet diese Mitgliedschaft konkret?

    Die Höhe der Beitragssätze hängt mit der Gefahrenklasse des Berufs und den verbundenen Unfallrisiken zusammen. Ein selbstständiger Baumschneider hat ein größeres Risiko zu verunglücken als die Inhaberin einer Werbeagentur. Die BG übernimmt die Einordnung in die jeweilige Risikogruppe.

    Ein weiterer Anhaltspunkt für die Beitragshöhe ist die Summe der durchschnittlichen Einkommensbeträge. Hier ist eine direkte Mitteilung wichtig, sonst kommt es zu einer Schätzung durch die Versicherer.

    Alle entstehenden Fragen vor allem zu den Beitragssätzen für Selbstständige und freiwillig Versicherte sind am besten direkt mit der zuständigen Berufsgenossenschaft zu klären.

    Das ändert sich bei Ihrer Krankenversicherung, wenn Sie selbstständig sind

    Als Selbstständige/r oder Freiberufler/in sind Sie nicht mehr automatisch in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) pflichtversichert. Sie müssen sich nun aktiv für eine Form der Krankenversicherung entscheiden. Die Beitragshöhe in der GKV orientiert sich am Einkommen. Die Kosten für Selbstständige betragen in diesem Jahr zwischen ...

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