Scheinselbstständigkeit: Diese Punkte sollten Sie beachten

Selbstständiger im Scheinwerferlicht

Scheinselbstständigkeit ist ein kritisches Thema für viele Freiberufler und Kleinunternehmer. Das kommt vor allem daher, dass es in Deutschland bisher keine harten Kriterien gibt, wann Scheinselbstständigkeit vorliegt. Seit Ende 2015 liegt ein Gesetzentwurf vor „gegen den Missbrauch von Werkverträgen“, mit dem die Bundesregierung nun versuchen will, diesen Missstand auszuräumen. Das Gesetz soll ausbeuterische Arbeitsformen unterbinden, den Betriebsrat stärken und es sollen damit neue Arbeitsplätze entstehen.

Viele der Formulierungen betreffen die Zusammenarbeit von Selbstständigen und Unternehmen. Auftragnehmer wie auch Auftraggeber sollten deshalb genau prüfen, ob eine Scheinselbständigkeit bestehen könnte. Ansonsten kann dies gravierende finanzielle Konsequenzen für das Unternehmen haben, die für die gesamte Auftragsdauer Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen sollen. Das kann im schlimmsten Fall für die letzten 30 Jahre sein.

Merkmale der Scheinselbstständigkeit

Selbstständige, die nicht abhängig beschäftigt sind, sind von der Sozialversicherungspflicht befreit. Sie zahlen keine Renten-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Der deutsche Staat ist sehr daran interessiert seine Einnahmen zu erhöhen und toleriert daher die Scheinselbstständigkeit nicht, wenn der Verdacht besteht, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. In einigen Fällen ist es gar nicht so einfach, zu unterscheiden, welche Art von Beschäftigung nun vorliegt. Für kompliziertere Fälle hat der Deutsche Rentenversicherung Bund eine Clearingstelle eingerichtet. Diese prüft freiberufliche Existenzformen und schreitet bei Verdacht auf Scheinselbstständigkeit ein.

Treten Sie nach außen als Unternehmer auf, weil Sie beispielsweise einen Werkvertrag mit einem Unternehmen haben, erfüllen die Aufgabe jedoch wie ein Arbeitnehmer, dann liegt Scheinselbstständigkeit vor.
 

Folgende Anhaltspunkte sprechen für Scheinselbstständigkeit:

  • der Auftragnehmer ist weisungsgebunden
  • der Selbstständige hat feste Arbeitszeiten
  • der Selbstständige hat Reporting-Pflichten gegenüber seinem Kunden
  • der Auftragnehmer ist fest in die Infrastruktur und in die Prozesse des Auftraggebers eingebunden
  • der Selbstständige erhält feste Bezüge und hat Anspruch auf Urlaub
     

Checkliste auf Scheinselbstständigkeit

ArbeitnehmerSelbstständiger
Vorgegebene Arbeitszeit, Benutzung von ZeiterfassungsgerätenZeitlich gegebenenfalls an die Öffnungszeiten des Unternehmens gebunden, ansonsten keine Zeiterfassung durch den Auftraggeber
Genaue Anweisungen zur Art der Verrichtung und der Tätigkeit, Arbeitsanweisungen, festgelegtes ArbeitsgebietResultate sind maßgebend, der zeitliche Aufwand spielt keine Rolle
Arbeit muss der Arbeitnehmer persönlich erbringenKann für die Verrichtung der Aufgaben versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen
Festgelegter Arbeitsort oder festgelegtes Einsatzgebietagiert frei, gegebenenfalls auch international
UrlaubsanspruchFreizeit bestimmt sich durch die Auftragslage
Feste BezügeUnternehmerisches Risiko durch eingebrachte Materialien und Werkzeuge
Schon früher bei diesem Auftraggeber beschäftigtEigene Werbung, eigenes Corporate Design, eigene Webseite.

             
 

Welche steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen hat die Scheinselbstständigkeit?

Der Selbstständige kann selbst beantragen, sein Vertragsverhältnis auf Scheinselbstständigkeit hin überprüfen zu lassen. Ebenfalls können Finanzamt und Rentenversicherung bei einem Verdacht auf Scheinselbstständigkeit eine entsprechende Überprüfung in die Wege leiten. Kommt der Verdacht von Finanzamt oder Rentenversicherung, kann dies für den Unternehmer eine Betriebsprüfung nach sich ziehen. Stellt die Rentenversicherung Bund eine Scheinselbstständigkeit fest, hat das steuer- und arbeitsrechtliche Konsequenzen.

  • Arbeitgeber und Scheinselbstständiger sind aufgefordert die steuerrechtliche Situation zu klären. Sie haften als Gesamtschuldner für Nachzahlungen. Es kommt zur Nachforderung sämtlicher Lohnsteuerforderungen und Sozialversicherungsbeiträge. Dies kann schnell zum wirtschaftlichen Ruin führen.
     
  • Der Scheinselbstständige kann nach offizieller Feststellung der Scheinselbstständigkeit den Arbeitnehmerstatus einklagen. Ist er mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, ist er Angestellter des Unternehmens mit allen dazugehörigen Rechten und Pflichten.
     
  • Der Auftraggeber muss die Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen für den nachgewiesenen Zeitraum. Der Auftragnehmer haftet nur für drei Monate rückwirkend für die nicht gezahlten Beiträge.
     

Fazit

Um gar nicht erst den Verdacht einer Scheinselbstständigkeit aufkommen zu lassen, sollte der Selbstständige bestimmte Konstellationen vermeiden:

  • Über einen längeren Zeitraum für nur einen Auftraggeber arbeiten
  • Den Gesamtumsatz zu mehr als 5/6 von nur einem Kunden beziehen
  • keinen eigenen Unternehmensauftritt haben, weder Werbung, Internetseite, noch Buchführung oder Geschäftspapiere
  • weisungsgebunden zu sein
  • regelmäßig an internen Briefings und Meetings des Kunden teilnehmen
     

Erfüllt der Selbstständige die folgenden Bedingungen, ist er auf keinen Fall scheinselbstständig:

  • Er kann seine Arbeitszeit und den Arbeitsort frei wählen.
  • Er verrechnet sein Honorar frei und hat eine eigene Buchhaltung.
  • Er kann seine Kunden frei wählen und hat auch die Möglichkeit, einen Kunden abzulehnen.
  • Er hat eigene Angestellte beschäftigt.

Anhand einer ordentlichen Buchführung kann der Selbstständige sehr leicht und transparent aufzeigen, wie sich sein Umsatz zusammensetzt und wie viele verschiedene Auftraggeber er hat. Außerdem ist die eigene Buchführung ein Beleg dafür, dass er selbstständig und unter eigenem Namen abrechnet. Neben vielfältigen Software-Lösungen gibt es dazu auch Online-Tools, die die Buchhaltung unterstützen.

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