Angestellt und nebenberuflich selbstständig - geht das ?

Schuhe vor Pfeilen selbstständig oder angestellt

Kann man gleichzeitig angestellt und nebenberuflich selbstständig sein? Dieser Ratgeber zeigt, was zu beachten ist, wenn Sie nebenberuflich selbstständig machen und hauptberuflich angestellt sind. Neben steuerlichen Aspekten steht auch die Zustimmung durch den Arbeitgeber im Fokus.
 

Was bedeutet nebenberufliche Selbstständigkeit?

Nebenberufliche Selbstständigkeit bedeutet grundlegend, dass ein Hauptberuf (meistens im Angestelltenverhältnis) ausgeübt wird, neben dem quasi als zweites Standbein eine nebenberufliche Tätigkeit aufgebaut wird. Insofern ist die nebenberufliche Variante der Selbstständigkeit eine risikoärmere, aber arbeitsintensivere Form, um eine Geschäftsidee oder innovative Produkte und Dienstleistungen am Markt zu testen.


Wie nebenberuflich selbstständig machen?

Genauso wie bei einer hauptberuflichen Existenzgründung will auch ein nebenberufliches Standbein gut geplant und organisiert sein. Insofern sollte ein professioneller Businessplan nicht fehlen, falls langfristig der Wunsch einer hauptberuflichen Selbstständigkeit anvisiert wird. Auch ein Existenzgründerseminar oder die Lektüre von Tipps zur Existenzgründung können gerade zu Beginn der nebenberuflichen Selbstständigkeit sehr sinnvoll sein. Laut offiziellen Zahlen bzw. Gründungsmonitor 2020 sind mehr als 50 % aller Existenzgründer zunächst nebenberuflich aktiv. Dies zeigt, dass es sich keinesfalls um ein 'Nischenprodukt' handelt.

Selbstständig machen: Die wichtigsten Fragen
 

Nebenberuflich selbstständig machen: Das sollten Sie beachten

Wenn Sie sich nebenberuflich selbstständig zu machen, benötigen Sie zuallererst einen Gewerbeschein, den Sie beim ortsansässigen Gewerbeamt beantragen können. Vom Gesetz her gelten die gleichen Anforderungen wie bei einer hauptberuflichen Selbstständigkeit. Sie sollten Ihren Arbeitgeber über die nebenberufliche Selbstständigkeit im Vorfeld informieren. Generell wird die Selbstständigkeit nur als nebenberuflich eingestuft, falls die erste (oftmals abhängige) Beschäftigung den Arbeitsschwerpunkt bildet. Dementsprechend sollte die nebenberufliche Arbeitszeit nicht über 18 Stunden in der Woche beanspruchen, auch sollte das Gehalt nicht höher sein als das Arbeitseinkommen.
 

Gibt es eine Genehmigungspflicht durch den Arbeitgeber?

Muss der Arbeitgeber der nebenberuflichen Selbstständigkeit zustimmen? Prinzipiell hat jeder Arbeitnehmer das Recht, sich nebenberuflich selbstständig zu machen. Es empfiehlt sich, den Chef einzuweihen und um Erlaubnis zu bitten, zumal in nicht wenigen Arbeitsverträgen diesbezügliche Regelungen fixiert sind. Grundsätzlich wird der Chef eine nebenberufliche Tätigkeit nicht unbedingt ablehnen, wenn die folgenden Punkte berücksichtigt werden:

  • Die nebenberufliche Tätigkeit darf keine negativen Auswirkungen auf den Hauptjob haben.
  • Dem Arbeitgeber darf keine direkte Konkurrenz entstehen.
  • Haupt- und Nebenjob sind klar voneinander zu trennen.
  • Urlaub und Krankheit sind nicht dazu da, um im Nebenjob voll loszulegen.


Sofern gegen einen dieser Punkte nachweislich verstoßen wird, ist der Arbeitgeber rechtlich in der Lage, die Ausübung der nebenberuflichen Tätigkeit zu untersagen und den Arbeitsvertrag zu kündigen.


Was ist in Bezug auf die gesetzliche Sozialversicherung zu beachten?

Wer nebenberuflich gemeldet ist, muss in der Regel keine zusätzlichen Sozialversicherungskosten tragen, da diese ja schon über den 'Hauptlohn' abgezogen werden. Allerdings sollte die Krankenkasse auf jeden Fall informiert werden, da in einigen Fällen zusätzliche Kosten entstehen können (hier zeichnet sich kein einheitliches Bild ab). Auch ist die Krankenkasse regelmäßig zu informieren, sobald sich am Status etwas ändert. In der Regel meldet sich die Krankenkasse ohnehin ein Mal pro Jahr, um den aktuellen Status erfassen.

Dies ist z.B. konkret der Fall, wenn die nebenberufliche Tätigkeit mit Blick auf die Arbeitszeit und das erzielte Einkommen überwiegt: In diesem Fall bekommen Betroffene den Status der Selbstständigkeit, womit sie 'versicherungsfrei' werden. Das bedeutet, dass keine Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung zu zahlen sind. Um jedoch Nachzahlungen in Bezug auf Kranken- und Rentenversicherung im Vorfeld zu vermeiden, sollten Sie von sich aus in regelmäßigem Kontakt mit Ihrer Krankenkasse stehen. Nebenberuflich Selbstständige sind somit in aller Regel über ihren Hauptberuf krankenversichert.

Muss ich in die gesetzliche Rente einzahlen?

Mit Blick auf die Krankenversicherung als hauptberuflich Selbstständiger besteht grundsätzlich die Wahl zwischen der gesetzlichen und der privaten Variante. Zwar fällt der Zwang zur Einzahlung in die gesetzliche Rentenkasse weg, dennoch ist es dringend geboten, privat für das Alter vorzusorgen, zumal diese Aufwendungen fast vollständig von der Steuer absetzbar sind.
 

Im Zweifel ein Statusfeststellungsverfahren für die Sozialversicherung in Erwägung ziehen

Oftmals herrscht bei einer nebenberuflichen Tätigkeit keine Klarheit über den Status, sodass eine freiwillige Statusanfrage bei der Deutschen Rentenversicherung im Vorfeld durchaus Sinn macht, um Handlungs- und Planungssicherheit zu erlangen.


Steuerliche Aspekte für nebenberuflich Selbstständige

Generell kann mit Blick auf die Besteuerung festgehalten werden, dass es unerheblich ist, ob jemand nebenberuflich oder hauptberuflich selbstständig ist. Auch wer nur sehr geringe Nebeneinkünfte erzielt, muss diese in der Steuerklärung angeben, wobei gewisse Pauschalen steuerfrei sind. Ansonsten sind alle selbstständigen Einkünfte in der entsprechenden Rubrik der Steuererklärung anzugeben und zu versteuern. Entgegen oft lesbarer Verlautbarungen sind der Kleinunternehmerstatus und die nebenberufliche Selbstständigkeit nicht identisch. Unternehmer, die nur sehr geringe Umsätze erzielen, können die Kleinunternehmerregelung beanspruchen, um von der Umsatzsteuerpflicht befreit zu werden. Sofern ein Gewerbe anzumelden ist, muss auch die Gewerbesteuer abgeführt werden (mehr dazu weiter unten).

Welche Steuerklasse für Selbstständige? Diese Steuern müssen Selbstständige zahlen
 

Das Phänomen der Scheinselbstständigkeit: Diese Kriterien geben Klarheit

Wann liegt Scheinselbstständigkeit vor? In puncto Selbstständigkeit ist das Kriterium der Weisungsgebundenheit aus rechtlicher Perspektive maßgebend. Wer selbst frei entscheidet und bestimmt, ist in der Regel als selbstständig anzusehen. Eine Scheinselbstständigkeit liegt tendenziell vor, wenn Folgendes der Fall ist:

  • Arbeitszeiten werden nicht selber bestimmt. 
  • Die Arbeit beschränkt sich auf einen Kunden/ Auftraggeber.
  • Es existieren keine eigenen Geschäfts-/Büroräume.
  • Preise werden nicht selber festgelegt.

Nebenberuflich Selbstständige, die diese Kriterien erfüllen, sind nicht als Selbstständig anzusehen. Wer weisungsgebunden ist, handelt nach dem Gesetz in keinem Falle als Selbstständiger. Wird erst hinterher festgestellt, dass in den Jahren zuvor eine Scheinselbstständigkeit vorlag, sind hohe Nachzahlungen von Krankenversicherungsbeiträgen und Rentenversicherungsbeiträgen die Folge.

Gefahren der Scheinselbstständigkeit
 

Der Kontakt zur Krankenkasse ist wichtig

Die Krankenkasse muss stets über Arbeitszeit und Einkommen der nebenberuflichen Selbstständigkeit informiert werden. Sobald jedoch der Verdienst oder die Arbeitszeit für die Selbstständigkeit überwiegen, werden Sie als hauptberuflich Selbstständiger eingestuft. Die Beiträge richten sich dann nach dem Gesamteinkommen. Besonders, wenn dann eine Meldung durch Sie nicht rechtzeitig erfolgte, kann dies zu Nachzahlungen führen.

Wenn Ihre Tätigkeit der Selbstständigkeit nach Arbeitszeit oder Einkommen überwiegt, sollten Sie einen Wechsel in die Private Krankenversicherung anstreben. Die Beiträge richten sich hier nicht nach Ihrem Einkommen, und sind dann in vielen Fällen deutlich günstiger.

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Behördengänge und Formalitäten bei der nebenberuflichen Selbstständigkeit

Wer kein Freiberufler ist, muss beim Gewerbeamt ein Gewerbe anmelden. Die Art der angemeldeten Tätigkeit sollte nicht allzu eng gefasst werden, um sich späteren Änderungsaufwand zu ersparen. Das Gewerbeamt seinerseits meldet alle relevanten Daten an das Finanzamt und die IHK (Industrie- und Handelskammer) sowie an die Berufsgenossenschaft zwecks Unfallversicherung. In diesem Sinne sollte auch zu Beginn geprüft werden, ob ein weiterer Versicherungsschutz nötig ist bzw. inwieweit dieser schon abgedeckt ist (man denke etwa an die Betriebshaftpflichtversicherung / Berufshaftpflichtversicherung).

Gewerbe anmelden: Das ist zu beachten

Als Gewerbetreibender wird man automatisch Zwangsmitglied bei der IHK mit entsprechenden Mitgliedsbeiträgen. Mittlerweile gibt es aber auch Gewinnmindestgrenzen, bis zu deren Erreichen die Mitgliedschaft kostenlos ist. Bei einem Gewerbe sollte natürlich auch eine entsprechende Rechtsform gewählt werden, die möglichst wenig Haftungsrisiken und attraktive (finanzielle) Handlungsspielräume eröffnet. Sofern es sich nicht um einen Einzelunternehmer handelt (klassischerweise ist dies der eingetragene Kaufmann), entstehen weitere Buchführungs- bzw. ggf. Publizitätspflichten. Wird aber ein solches Stadium erreicht, ist in der Regel nicht mehr von einer nebenberuflichen Selbstständigkeit zu sprechen. In der Praxis fangen nebenberufliche Existenzgründer klein an, sodass die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung oftmals für eine erhebliche Einsparung an Formalitäten sorgt (Gewinne werden in der Steuererklärung einfach mittels Einnahme-Überschuss-Rechnung EÜR ermittelt).

Was ist die Kleinunternehmerregelung?
 

Fazit: Die Vorteile und Gefahren der nebenberuflichen Selbstständigkeit

Der große Vorteil der nebenberuflichen Selbstständigkeit ist, dass eine Geschäftsidee zunächst ohne großes Risiko und ohne allzu viele Formalitäten am Markt getestet werden kann, wobei der Hauptberuf das Einkommen sicherstellt. Insofern lässt sich gut abschätzen, ob die Geschäftsidee Potenzial hat und ob man überhaupt für eine Selbstständigkeit geboren ist. Im Falle einer drohenden Arbeitslosigkeit kann die nebenberufliche Selbstständigkeit neue Perspektiven eröffnen und das Einkommen sichern.
 

Vorteile der nebenberuflichen Existenzgründung:

  • Aufbau eines zweiten Standbeines ohne Risiko.
  • Eine Geschäftsidee kann in Ruhe am Markt getestet werden.
  • Perspektivisch kann der Schritt in die hauptberufliche Selbstständigkeit angelegt werden.


Nachteile, sich nebenberuflich selbstständig zu machen:

  • Doppelbelastung, durch die limitierte Zeit sind die Ressourcen für die nebenberufliche Selbstständigkeit begrenzt.
  • Der Hauptjob könnte darunter leiden.
  • Der Arbeitgeber kann diese Tätigkeit trotz Zustimmung kritisch beäugen.
     

Wer zweigleisig fährt, erhöht natürlich auch sein Einkommen. Diesbezüglich sollte aber nicht übersehen werden, dass eine Doppelbelastung auf Dauer auch mehr (Frei)zeit und Kraft fordert. Insofern sind wie bei einer vollerwerblichen Existenzgründung Kompetenzen für das Zeit- und Aufgabenmanagement unerlässlich.

Das ändert sich bei Ihrer Krankenversicherung, wenn Sie selbstständig sind

Als Selbstständige/r oder Freiberufler/in sind Sie nicht mehr automatisch in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) pflichtversichert. Sie müssen sich nun aktiv für eine Form der Krankenversicherung entscheiden. Die Beitragshöhe in der GKV orientiert sich am Einkommen. Die Kosten für Selbstständige betragen in diesem Jahr zwischen ...

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