Muss ich als Selbstständige/r in die Rentenversicherung einzahlen?

Wer sich selbstständig machen möchte, sieht sich mit vielen Entscheidungen und Fragen konfrontiert. Die Planung der Finanzen spielt im Hier im Jetzt eine erfolgskritische Schlüsselrolle. In der Zukunft geht es um nicht weniger als die Altersvorsorge als Selbstständiger. Eine zentrale Frage vor allem in langfristiger Hinsicht lautet im Kontext der Existenzgründung ‚Wie sorgen Selbstständige für die Rente vor ?‘. Dieser Beitrag gibt in praxisorientierter Form Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Selbstständigkeit und der gesetzlichen Rentenversicherung.

Können Selbstständige auf die gesetzliche Rentenversicherung ‚verzichten‘?

Je nach Art der Tätigkeit kann es durchaus sein, dass auch für Selbstständige die Pflicht besteht, sich in der GRV versichern zu lassen bzw. Beiträge zu leisten. Auch wenn das Rentenalter in jungen Jahren noch vermeintlich sehr weit entfernt ist, sollten sich Existenzgründer/Selbstständige/Freiberufler möglichst früh mit der gesetzlichen und privaten Altersvorsorge befassen. Denn je eher dies geschieht, desto mehr Optionen lassen sich zu vorteilhaften Konditionen nutzen. Die Freiheit, sich nicht an das gesetzliche Rentenversicherungssystem binden zu müssen, sollte genutzt werden, um attraktive Alternativen zu prüfen. Genau das soll am Ende des Beitrags mit der Rürup-Rente geschehen.


Tipp: Selbstständige sollten alle Gesetzesänderungen und Angebote genau prüfen

In den letzten Jahren ist in der Politik immer wieder davon geredet worden, die gesetzliche Rentenversicherung für alle Selbstständigen verpflichtend zu öffnen. Das ist Stand 2021 noch nicht passiert, aber in naher Zukunft möglich. Die bisherige Pflichtversicherung, die bis dato nur wenige Selbstständige betrifft, könnte sich in wenigen Jahren auf alle Selbstständigen erstrecken. Daher sind Selbstständige gut beraten, die politische Entwicklung und vor allem neue Gesetzesgrundlagen genau zu verfolgen. Nur so wird es möglich sein, allen Anforderungen gerecht werden zu können und die eigene Altersvorsorge langfristig auf eine breite Basis zu stellen.
 

Das Wichtigste in aller Kürze zur gesetzlichen Rentenversicherung für Selbstständige:

  • Bis auf wenige Ausnahmen sind Selbstständige nicht im gesetzlichen System pflichtversichert.

  • Es besteht die Möglichkeit, freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen und so Ansprüche auf Leistungen aufrecht zu erhalten.

  • Für einige Berufsgruppen (siehe unten) besteht die Pflicht, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. In diesem Kontext ist die Meldepflicht zu beachten.

  • Besteht der Verdacht auf Scheinselbstständigkeit, kann eine Anfrage bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung für Planungssicherheit sorgen.

  • Mit der Rürup-Rente können Selbstständige eine Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Altersvorsorge prüfen, die vor allem mit hohen Steuerersparnissen punktet.


Was bedeutet die Selbstständigkeit für meine gesetzliche Rente?

Mit dem Weg in die berufliche Selbstständigkeit müssen sich viele Existenzgründer selber um ihre Altersvorsorge kümmern. Dabei geht es mit Blick auf die gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige nicht nur um die Altersvorsorge, sondern auch um eine mögliche Erwerbsminderungsrente und Leistungen für Hinterbliebene im Todesfall. Bis auf wenige Ausnahmen, auf die hier eingegangen wird, müssen sich Selbstständige und Freiberufler nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern. Sie können das aber freiwillig tun, um Ansprüche im gesetzlichen System neben der privaten Altersvorsorge aufrecht zu erhalten. Mit der Rürup-Rente soll in diesem Beitrag am Ende eine weitere Alternative zur freiwilligen Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung vorgestellt.
 

Ich möchte mich selbstständig machen. Was gilt nun für meine gesetzliche Rentenversicherung?

Zunächst kommt es darauf an, ob sich Existenzgründer neben- oder direkt hauptberuflich selbstständig machen. Wer weiter seinem Hauptjob nachgeht, wird hierüber pflichtversichert bleiben, sofern diese Tätigkeit finanziell eindeutig den Schwerpunkt ausmacht. Steht der Entschluss für die Selbstständigkeit fest und handelt es sich um die einzige Einnahmequelle, so ist langfristige finanzielle Planungssicherheit mit Blick auf die Altersvorsorge notwendig. Wer nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen muss oder will, sollte mit der Rürup-Rente frühzeitig Alternativen prüfen.
 

Was passiert mit meiner staatlichen Rente, wenn ich mich selbstständig machen?

Wer bis zur Selbstständigkeit mehr als 5 Jahre in das gesetzliche System eingezahlt hat, erwirbt einen Anspruch auf Altersrente. Ohne weitere regelmäßige Einzahlungen erlischt aber der Anspruch auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente (falls vor dem Eintreten der Erwerbsminderung nicht mindestens 3 Pflichtjahre vorliegen). Wenn sich Selbstständige nicht bei der gesetzlichen Rentenversicherung melden, ruhen die ggf. bis dahin erwirkten Ansprüche. Besteht die Pflicht, sich als Selbstständiger im gesetzlichen Rentensystem versichern zu lassen, so sollte dies unmittelbar nach der Existenzgründung geschehen. Ansonsten besteht die Gefahr hoher Nachzahlungen, die einen negativen Einfluss auf die Liquidität haben können.
 

Was muss ich bei der gesetzlichen Rentenversicherung tun, wenn ich mich selbstständig mache?

Wer sich unsicher ist, sollte die Ausführungen in den folgenden Unterpunkten lesen. Aus diesen Punkten geht klar hervor, wer sich auch als Selbstständiger in der GRV pflichtversichern muss. Am Ende werden Alternativen für Selbstständige vorgestellt, die nicht verpflichtend in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Wer sich unsicher ist, was er tun sollte, kann sich an die Deutsche Rentenversicherung (www.deutsche-rentenversicherung.de) wenden.


Gibt es für Selbstständige eine Pflicht, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen?

Bekannt ist, dass die gesetzlichen Rentenversicherung für alle Arbeitnehmer verpflichtend ist. Das gilt für Selbstständige und Freiberufler nicht. Hier gibt es nur wenige Gruppen, die durch ihre Tätigkeit in der GRV pflichtversichert sind. Das rückt für Selbstständige von Beginn an die Notwendigkeit in den Fokus, sich in Eigenregie um ihre Altersvorsorge kümmern zu müssen.
 

Welche Selbstständigen sind pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung?

Einige Selbstständige und Freiberufler sind vom Gesetz her verpflichtet, Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Bei all diesen Berufen geht der Gesetzgeber von einer hohen Schutzbedürftigkeit aus. Dazu zählen:

- Hebammen sowie Entbindungspfleger

- Freiberufliche Lehrer und Erzieher, Trainer, Coaches sowie Dozenten

- Seelotsen

- Hausgewerbetreibende

- Physiotherapeuten, Pflegekräfte

- Küstenfischer und Küstenschiffer

- Handwerker, die ein erlaubnigpflichtiges Gewerbe ausüben

- Gesellschafter eines in der Handwerksrolle eingetragenen Betriebs

 

Die Zuordnung bzw. Abgrenzung ist bei einigen Tätigkeiten nicht immer eindeutig möglich, was auch für die Frage der Pflicht zur Gewerbeanmeldung oder der Anerkennung als Freiberulfer analog gilt. Insofern sind Gründer gut beraten, sich an die zuständige Stelle der Deutschen Rentenversicherung zu wenden.
 

Meldepflicht für Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung?

Falls Selbstständige zu einer der oben genannten Gruppen gehören, ist die Meldepflicht für die gesetzliche Rentenversicherung zu beachten. Die Meldung bei der gesetzlichen Rentenversicherung hat innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit zu erfolgen. Andernfalls werden fällige Beiträge nachgefordert. Bestimmte Berufsgruppen wie Seelotsen oder Küstenfischer müssen nicht selbst aktiv werden, da sie automatisch gemeldet werden. So genannte Hausgewerbetreibende werden durch die Auftraggeber an die jeweils zuständige Einzugsstelle gemeldet. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich mit Blick auf die Meldepflicht, Kontakt mit der Deutschen Rentenversicherung aufzunehmen.
 

Wer hat als Selbstständiger/Freiberufler Anspruch auf Rentenversicherung via Künstlersozialkasse?

Eine Sonderstellung nehmen Künstler und Publizisten ein, die über die Künstlersozialkasse pflichtversichert sind. Wer eine solche Tätigkeit ausübt, hat einen Antrag bei der Künstlersozialkasse zu stellen. Diese wird die individuellen Voraussetzungen prüfen und neben den Beiträgen für die gesetzlichen Rentenversicherung auch Zuschüsse für die Krankenversicherung zahlen.
 

Vorsicht bei Scheinselbstständigkeit! Eine Statusfeststellung bringt Klarheit

Wer nur für einen Auftraggeber tätig und somit faktisch weisungsgebunden agiert, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit scheinselbstständig sein. Eine solche Scheinselbstständigkeit hätte unmittelbare negative finanzielle Folgen für vermeintlich Selbstständige: Sie erbringen alle Leistungen für die Sozialversicherung/Altersvorsorge in Eigenregie, obwohl ihnen durch diesen Status einer abhängigen Beschäftigung eigentlich der 50 %-ige Arbeitgeberanteil zustehen würde.
 

Bin ich überhaupt selbstständig oder als Scheinselbstständiger eigentlich pflichtversichert?

Wer unsicher ist, ob er einer selbstständigen oder einer abhängigen Beschäftigung nachgeht, sollte sich an die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung wenden. Sollte die Prüfung ergeben, dass defacto eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, so begründet sich daraus u.a. eine Pflichtversicherung im gesetzlichen Rentensystem.
 

Wann macht es Sinn, weiter in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen?

Wer nicht zur oben skizzierten Gruppe der pflichtversicherten Selbstständigen gehört, kann auf freiwilliger Basis in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Wer dies regelmäßig tut, hält den Anspruch auf die gesetzliche Altersrente auch als Selbstständiger aufrecht. Je nach Höhe der Einzahlungen (dazu gleich mehr) wird die Altersrente überschaubar ausfallen, zumal das gesetzliche System im Vergleich zu Alternativen wie der Rürup-Rente eine deutlich geringere Rendite ermöglicht. Trotzdem kann es mit Blick auf die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung von Vorteil sein, auch als Selbstständiger weiterhin freiwillige Beiträge zu leisten:

- Wer regelmäßig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, hält den Anspruch auf eine etwaige Erwerbsminderungsrente aufrecht.

- Mit der Hinterbliebenen- oder Waisenrente können Angehörige im Todesfall Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen.

- Rehabilitationsleistungen: Wer mindestens 15 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, kann im Falle einer längeren Erkrankung Ansprüche auf Reha-Leistungen prüfen.

 

Wie hoch ist der Rentenbeitrag für Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung?

Da Selbstständige den gesamten Beitrag zu tragen haben, sind Stand 18,6 % der durchschnittlichen Gewinne Fälle. Es gibt aber auch die Möglichkeit, bei der freiwilligen gesetzlichen Rentenversicherung einen einkommensgerechten Betrag zu vereinbaren. Zu nennen sind vor allem der Regelbeitrag oder der halbe Regelbeitrag für Einsteiger (= monatlich 296,21 Euro in den alten Bundesländern, Stand 2021).
 

Wie hoch ist der Mindestbeitrag in der freiwilligen Rentenversicherung für Selbstständige?

Der Mindestbeitrag bemisst sich an der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro pro Monat, woraus sich Stand 2021 eine monatliche Zahlung in Höhe von 83,70 Euro ergibt. Nach oben deckelt der Höchstbeitrag freiwillige Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung: Stand 2021 sind es monatlich 1320,60 Euro.
 

Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen möchte?

Wie als Selbstständiger vorsorgen, wenn Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung weder erforderlich noch erwünscht sind? Selbstständige, die nicht im gesetzlichen System pflichtversichert sind, sollten sich frühzeitig nach Alternativen umschauen, um für die eigene Altersvorsorge auf eine breite und finanziell tragfähige Basis zu stellen. Die Rürup-Rente ist auch als Basisrente bekannt. Sie richtet sich in erster Linie an alle Selbstständigen, die nicht qua Gesetz pflichtversichert sind. Als Zielgruppe für die Rürup-Rente gelten insbesondere:

- Nicht pflichtversicherte Selbstständige, die keinen Anspruch auf die Riesterrente haben.

- Existenzgründer, die ein vergleichsweise hohes Einkommen erzielen.

 

Wie funktioniert die Rürup-Rente?

Charakteristisch für die Rürup-Rente ist, dass kein Kapitalwahlrecht besteht. Das bedeutet, dass der angesparte Betrag bei Renteneintrittsalter nicht mit einer Einmalzahlung ausgezahlt wird. Vielmehr sind regelmäßige Auszahlungen im Sinne einer Rente vertraglich vorgesehen. Die Auszahlung der Rürup-Rente ist frühestens ab dem 60. Lebensjahr vorgesehen. Die Vererbung oder Übertragung der Basis-Rente ist nicht möglich.
 

Welche Vorteile bietet die Rürup-Rente Selbstständigen?

Zu den großen Vorteilen mit Blick auf langfristige finanzielle Planungssicherheit zählen steuerliche Vorteile: Bei der Rürup- bzw. Basisrente sind Beiträge in einer Höhe von mehr als 24.000 Euro absetzbar sind. Gerade für gutverdienende Selbstständige ergeben sich in dieser Hinsicht attraktive Einsparpotenziale. Wie groß diese Einsparpotenziale im Einzelnen sind und unter welchem Umständen sie sich konkret nutzen lassen, kann durch die Konsultation eines Steuerberaters deutlich werden.

Ein immenser Vorteil für Selbstständige zeigt sich in flexiblen Zuzahlungen bei der Rürup-Rente. Es liegt in der Natur der Selbstständigkeit, dass eine exakte Vorhersage mit Blick auf die erzielten Jahreseinkünfte kaum möglich ist. Am Ende eines jeden Kalenderjahrs kann die Option flexibler Zuzahlungen geprüft werden. So ist es möglich, die jährliche Steuerlast gezielt zu senken und gleichzeitig langfristig für das Alter vorzusorgen.