Selbstständig machen als Hörgeräteakustiker

Hörgeräteakustiker

Hörakustiker (bzw. Hörgeräteakustiker) sorgen in ihrem Berufsalltag dafür, dass Menschen mit Einschränkungen des Hörsinnes wieder ein hohes Maß an Lebensqualität genießen können. Aufgrund einer individuellen Diagnose, bei der diverse Hörtests angewendet werden, wird eine optimale Lösung aus dem Bereich der Hörgeräteakustik konfiguriert. Bei diesem handwerklichen Ausbildungsberuf bietet sich die Chance, neben einem Angestelltenverhältnis auch den Weg in die berufliche Selbstständigkeit zu planen. Der folgende Beitrag möchte in dieser Hinsicht zentrale und praxisorientierte Hilfestellungen zur Orientierung anbieten.

Existenzgründung als Hörakustiker: Was Gründer hier erfahren

  • Lohnt sich der Schritt? Ausgangslage und Zukunftsaussichten
  • Welche formalen Voraussetzungen sind zu erfüllen?
  • Hinweise zum Standort/Ladenlokal
  • Hinweise zur Abrechnung mit den Krankenkassen
     

Ausgangslage analysieren, um Zukunftschancen realistisch einordnen zu können

Die Ausgangslage für eine selbstständige Tätigkeit als Hörakustiker hört sich im wahrsten Wortesinne gut an: Durch die rasante Alterung der deutschen Gesellschaft wird es in naher Zukunft immer mehr Menschen geben, die auf innovative Lösungen im Bereich der Hörakustik angewiesen sein werden. Offizielle Zahlen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 über 10 Millionen Bundesbürger schwerhörig sein werden, also in etwa jeder Achte! Im Vergleich zu heute handelt es sich um einen Zuwachs von 2 Millionen potenziellen Kunden.

Aktuell gibt es hierzulande über 4.000 Fachgeschäfte für Hörgeräteakustik. Bemerkenswert ist, dass die Ausbildungsrate in diesem Handwerk mit über 20 % doppelt so hoch ist wie die vieler anderer Berufsbereiche. Es handelt sich also um einen aufstrebenden und stark nachgefragten Handwerksberuf mit sehr guten Zukunftsaussichten. Schon jetzt ist es so, dass in vielen Fachbetrieben für Hörgeräte-Akustik dringend Nachwuchs gesucht wird. Wer sich selber selbstständig als Hörgeräteakustiker macht, kann im eigenen Betrieb auch selber ausbilden (man beachte hierzu die Meisterpflicht).
 

Für jeden Kunden ganz Ohr sein reicht im Berufsalltag nicht aus

Wer nach einer jahrelangen Anstellung den Weg in die berufliche Selbstständigkeit plant, sollte dies gewissenhaft und ganzheitlich tun. Vor allem die Finanzen sollten im Businessplan mit Bedacht geplant werden, denn in der Anfangsphase werden hohe Kostensummen schnell entstehen. Man denke nur an Investitionen in erforderliche Technik und in ein ansprechendes Ladenlokal mit integrierten Werkstatträumen. Im Berufsalltag wird es aber dann nicht mehr nur um die Kundenberatung gehen, sondern um das gewinnorientierte Führen eines Betriebes. Insofern sollte die kaufmännische Sichtweise auf die Dinge von Anfang an nicht zu kurz kommen. Die Buchhaltung und die Personalführung werden auch zum Berufsalltag gehören. Der Weg in die Selbstständigkeit als Hörgeräteakustiker setzt also voraus, sich mit neuen Aspekten jenseits des Fachwissens frühzeitig auseinanderzusetzen. Insofern kann es Sinn machen, die Selbstständigkeit langfristig zu planen und etwaige Defizite in einem speziellen Gründerseminar abzubauen.
 

Formalitäten für eine selbstständige Tätigkeit als Hörakustiker

Beim Hörakustiker bzw. Hörgeräteakustiker handelt es sich um ein zulassungspflichtiges Handwerk. Insofern ist ein Meisterbrief für diesen Schritt obligatorisch. In diesem Kontext ist auch die Eintragung in die Handwerksrolle vorzunehmen. In einigen Bereichen wurde die Meisterpflicht gelockert. In sicherheits- oder gesundheitsrelevanten Bereichen jedoch will der Gesetzgeber mit der Meisterpflicht weiter ein hohes Niveau an Qualität garantieren. In der Handwerksordnung ist von gefahrengeneigten und ausbildungsintensiven Tätigkeiten die Rede. Maßgeblich für die Meisterpflicht ist im Übrigen die Anlage A zur Handwerksordnung. Wer als Angestellter langfristig mit einer selbstständigen Berufsausübung liebäugelt, sollte die Voraussetzungen für die Meisterprüfung planen. Die Erfahrung zeigt, dass das Ablegen der Meisterprüfung in der Regel 2 bis 3 Jahre dauert.

Exkurs: Woraus besteht eine Meisterprüfung überhaupt?

  1. praktischer Teil (wobei der Schwerpunkt oft selbst gewählt werden kann)
  2. fachtheoretische Prüfung
  3. kaufmännischer und rechtlicher Teil
  4. Überprüfung arbeits- und berufspädagogischer Fachkenntnisse

Hieraus folgt schon, dass Meister der Hörgeräteakustik eigentlich ganzheitlich auf die Anforderungen der beruflichen Selbstständigkeit vorbereitet sein sollten.
 

Ist die Selbstständigkeit als Hörgeräteakustiker auch ohne Meister möglich?

Ja, das ist generell möglich, sofern ein angestellter Meister als Betriebsleiter fungiert. In diesem Falle aber wird der Grad der Selbstständigkeit ein wenig eingeschränkt. In einigen zulassungspflichtigen Handwerken gilt auch eine so genannte Altgesellenregelung. Eine jahrelange Berufserfahrung in leitender Position kann dazu berechtigen, sich selbstständig zu machen. Diese Regelung gilt allerdings nicht für das Handwerk des Hörgeräteakustikers.
 

Wie sieht es mit der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse aus?

Das Anerkennungsgesetz sieht vor, dass im Ausland erworbene Berufsabschlüsse seit 2012 in Deutschland anerkannt werden können. Sofern der Abschluss im Vergleich zur Meisterprüfung als gleichwertig eingestuft wird, dürfte die Selbstständigkeit in diesem zulassungspflichtigen Handwerk keine Probleme bereiten. Für die Anerkennung sollten sich Interessenten bei der zuständigen Handwerkskammer melden.
 

Standort und Geschäftsräume für einen selbstständigen Hörgeräteakustiker

Ein hohe Auslastung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass das Geschäftsmodell nachhaltig profitabel ist. Ideal sind Standorte in der unmittelbaren Nähe zu HNO-Praxen oder direkt in Ärztehäusern. Auch eine Lage in belebten Innenstädten kann viel Laufkundschaft anziehen, wobei in diesem Fall aber die unmittelbare Konkurrenzsituation im Vorhinein genau analysiert werden sollte. Ferner kann es Sinn machen, die Altersstruktur an einem Standort genauer zu analysieren und daraus Rückschlüsse auf die Größe der potenziellen Zielgruppe zu ziehen. Die Geschäftsräume sollten modern und einladend sein, wobei genügend Platz für Untersuchungen/Tests und die eigentliche handwerkliche Tätigkeit vorhanden sein sollte.
 

Leistungsspektrum und Hinweise zur Vermarktung

Das Leistungsspektrum ergibt sich in erster Linie aus dem eigenen fachlichen Hintergrund und eventuellen Schwerpunktsetzungen. Diese können aus Sicht der Betriebswirtschaft als kundenwirksame Alleinstellungsmerkmale vermarktet werden. Insofern kann es Sinn machen, sich am Standort nicht nur als Allrounder der Hörgeräteakustik, sondern auch als Experte in einem bestimmten Fachgebiet zu verkaufen. Diese Vermarktung sollte auch im Internet mit einer optimierten Homepage zielorientiert vorangetrieben werden, um den Bekanntheitsgrad des eigenen Fachgeschäfts zu erhöhen.

Mit Blick auf eine möglichst hohe Auslastung sind auch gute Kontakte zu fachlich relevanten Arztpraxen von Vorteil. Natürlich wird auch die Mund-zu-Mund-Propaganda eine Schlüsselrolle spielen. Zufriedene Kunden, die die Handwerksleistungen des Hörgeräteakustikers weiterempfehlen, sind die besten und vor allem kostenlose Werbung. Eine immer wichtigere Bedeutung nehmen auch Bewertungen im Internet ein. Diese spielen für den guten Ruf des Fachgeschäfts eine große Rolle, denn nicht wenige Kunden prüfen vorher im Internet, welche Erfahrungen andere Kunden mit einem Anbieter gemacht haben. Insofern lohnt es sich, hier regelmäßig den eigenen Ruf zu überwachen oder dieses Monitoring an professionelle Agenturen auszulagern.
 

Rechnungswesen: Wissenswertes zur Zusammenarbeit mit Krankenkassen

Ein Rezept eines HNO-Arztes ist die formale Voraussetzung dafür, dass Patienten ein Hörgerät bekommen. Die Krankenkassen tragen einen großen Teil der Kosten, wobei sich diesbezüglich in den letzten Jahren viel getan hat. Einen mehr oder weniger geringen Anteil müssen die Versicherten aber letztlich selbst tragen. Im Bereich der privaten Krankenversicherung kommt es auf den individuellen Versicherungsschutz an. Selbstständige Hörgeräteakustiker müssen die Kosten also mit der Krankenkasse und den Kunden abrechnen, wodurch sich ein nicht zu unterschätzender buchhalterischer Aufwand ergibt, der ebenfalls ein Kernstück der Selbstständigkeit sein wird. In den meisten Bundesländern besteht für Hörgeräteakustiker die Pflicht, die Abrechnung elektronisch vorzunehmen (vergl. Paragraf 302 SGB V). Wer trotz dieser Pflicht noch per Papier abrechnet, riskiert Rechnungskürzungen in Höhe von bis zu 5 %. Insofern kann es Sinn machen, auf automatisierte Softwarelösungen in diesem Bereich zurückzugreifen oder das Rechnungswesen je nach vorhandenen personellen Ressourcen komplett auszulagern.

Selbstständig machen als Hörakustiker: praxisorientierte Zusammenfassung zentraler Erfolgsaspekte

  1. Die Zukunftsaussichten sind diesem Handwerksbereich sind sehr gut, da in einer alternden Gesellschaft die Nachfrage in puncto Hörgeräteakustik weiter zunehmen wird (2050 werden über 10 Millionen Deutsche schwerhörig sein)
  2. Die für selbstständige Berufsausübung ist ein Meistertitel erforderlich, ebenso die Eintragung in die Handwerksrolle
  3. zulassungspflichtiges Handwerk: Die rechtliche Grundlage ist die Anlage A der Handwerksordnung (HWO)
  4. Der Weg in die Selbstständigkeit ohne Meistertitel ist nur dann möglich, wenn ein Hörakustik-Meister als Betriebsleiter eingestellt wird (die Altgesellenregelung ist nicht anwendbar)
  5. Mit Blick auf die finanziellen Anforderungen ist die Ausarbeitung eines Businessplanes alternativlos. Abgesehen davon sind alle Förderoptionen zu prüfen
  6. Der Standort für ein zu eröffnendes Hörakustik Fachgeschäft wird maßgeblich für den nachhaltigen Erfolg verantwortlich sein
  7. Das Leistungsspektrum richtet sich nach dem persönlichen Qualifikationshintergrund und der Nachfrage. Es kann auch Sinn machen, sich als Experte auf einem Gebiet der Hörgeräteakustik zu profilieren
  8. Im Betriebsalltag wird das Rechnungswesen viel Arbeit verursachen, da mit den Krankenkassen und den Kunden abgerechnet werden muss. Softwarebasierte Lösungen oder eine Auslagerung des Rechnungswesens sind daher zu prüfen, um Ressourcen für das Kerngeschäft zu schonen.

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