Haben Selbstständige Anspruch auf Erwerbsminderungsrente?

Ordner mit Aufschrift Berufsunfähigkeit

Hat man als Selbstständiger Anspruch auf Erwerbsminderungsrente? Dieser Beitrag wird Antworten formulieren, zumal die Altersvorsorge gerade für Selbstständige eine wichtige, aber nicht selten vernachlässigte Rolle spielt.

Bei der Betrachtung der Frage, ob Selbstständige Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben, sind zwei Fragen zu berücksichtigen:

  1. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit ein Selbstständiger Erwerbsminderungsrente erhält?
  2. Ist es einer erwerbsgeminderten Person erlaubt, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen oder hat das direkt, automatisch und unabhängig vom Verdienst, den Wegfall der Erwerbsminderungsrente zur Folge?
     

Was ist die Erwerbsminderungsrente?

Wenn ein Erwerbstätiger nur noch eingeschränkt arbeiten kann, kommt für ihn die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Betracht. Sie soll in Verbindung mit einer Teilzeitarbeit den Lebensunterhalt zu weiten Teilen sicherstellen. Dabei gibt es die volle Erwerbsminderungsrente. Die gilt für jemanden, der "weniger" als drei Stunden am Tag in der Lage ist zu arbeiten.

Daneben existiert die halbe Erwerbsminderungsrente. Sie greift im Falle, dass jemand nur sechs Stunden täglich eingeschränkt Arbeiten kann. Es spielt keine Rolle, ob die Erwerbsunfähigkeit dauerhaft oder vorübergehend ist, beispielsweise wegen einer Erkrankung. Die Rentenhöhe richtet sich nach dem zuletzt verdienten Nettoeinkommen.

Wichtig: Für den Anspruch auf Erwerbminderungsrente werden alle denkbaren Berufe mit einbezogen. Es reicht nicht aus, wenn Sie Ihrer aktuellen Berufstätigkeit nicht mehr in vollem Umfang nachgehen können. Abhilfe schafft hier nur eine separate Berufsunfähigkeitsversicherung. In dieser gibt es in der Regel keine sogenannte "abstrakte Verweisung".


Unter diesen Voraussetzungen bekommt ein Selbstständiger Erwerbsminderungsrente

Der Anspruch auf die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente entsteht durch Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung. Die Dauer der Einzahlung entscheidet über die Rentenhöhe. Durch die Dauer der Einzahlung erwirbt der Versicherte Entgeltpunkte, nach denen sich die Erwerbsminderungsrente berechnet.

Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen, damit Sie als erwerbsgeminderter Selbstständiger eine Erwerbsminderungsrente erhalten:

  1. In früheren Jahren waren Sie gesetzlich rentenversichert, zum Beispiel als Angestellter und haben zu diesem Zeitpunkt Entgeltpunkte erworben.
  2. Die Wartezeit von fünf Jahren ist durch das Einzahlen von mindestens 60 Pflichtbeiträgen erfüllt.
  3. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erkrankung haben Sie mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge gezahlt.
  4. Sie haben als Selbstständiger freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt.

Jeder war in seinem Leben eine Zeitlang gesetzlich rentenversichert, die wenigsten haben als Selbstständige ihr Arbeitsleben begonnen. So haben die meisten zumindest während der Ausbildung Entgeltpunkte sammeln können.
 

Wie wirkt sich das Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit auf die Erwerbsminderungsrente aus?

Die Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit gelten als Hinzuverdienst, für den nach § 96a SGB VI Zuverdienstgrenzen gelten. Dabei steht regelmäßig die Belastbarkeit der erwerbsgeminderten Person zur Diskussion. Kommt es zu einem Rechtsstreit, müssen Sie nachweisen, dass Sie mit Ihrer Selbstständigkeit nicht voll erwerbstätig sind, also keine drei oder sechs Stunden am Tag arbeiten. Dabei zählen auch Arbeiten für die üblichen Abrechnungen mit, wie sie etwa für das Finanzamt anfallen.
 

Die drei Hürden, um die Erwerbsminderungsrente zu bekommen

  • Die Arbeitsunfähigkeit muss mindestens ein Arzt bescheinigen. Eine gute Dokumentation ist dabei wichtig. Je mehr Fakten einen Antrag stützen, desto besser sind die Aussichten.
  • Mindestens fünf Jahre vor der Antragstellung muss eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bestanden haben. Hier zählen auch Eltern- und Pflegezeiten dazu.
  • In wenigstens drei dieser fünf Jahre haben Sie Beiträge gezahlt.
     

Folgende freie Berufsgruppen sind gesetzlich verpflichtet, Beiträge an die Rentenversicherung zu entrichten:

  • Handwerker
  • Lehrer, deren Verdienst 450 Euro übersteigt. Hierzu zählen auch Coaches, Trainer, Nachhilfe-, Musik- und Tennislehrer
  • mit Kindern arbeitende Erzieher, auch Tagesmütter
  • Pflegekräfte
  • Hebammen
  • Seelotsen
  • bildende und darstellende Künstler
  • Musiker
  • Autoren, Schriftsteller, Herausgeber, auch Blogger
     

Für Lehrer, Erzieher und Pflegekräfte erlischt die Versicherungspflicht, sobald sie eigene Angestellte oder Auszubildende beschäftigen.

Wer zu einer der oben genannten Berufsgruppen gehört, muss seinen Beitrag an die Rentenversicherung zahlen und hat nach fünf Jahren Wartezeit Anspruch auf die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente für Selbstständige.
 

Was gilt für nicht versicherungspflichtige Selbstständige?

Wenn Sie nicht zu den versicherungspflichtigen Selbstständigen zählen, haben Sie die Möglichkeit, freiwillig Beiträge an die Rentenkasse zu zahlen. Dabei darf jeder selbst bestimmen, wann, wie oft oder in welcher Höhe er Beiträge zahlen möchte.

  Betrag in Euro
Mindestbeitrag 96,72 Euro
Maximalbeitrag 1.357,80 Euro

Die Einzahlungen dürfen jederzeit pausieren, Sie dürfen sie erhöhen oder verringern. Eine Rückforderung ist nicht möglich.
 

Woher können Selbstständige eine Erwerbsminderungsrente beziehen?

Die vorhergehenden Beschreibungen beziehen sich alle auf eine Rente der Deutschen Rentenversicherung. Die gesetzliche Rentenversicherung finanziert sich über Sozialabgaben und freiwillige Beiträge. Darüber hinaus haben Selbstständige die Möglichkeit, privat für den Fall einer Erwerbsminderung vorzusorgen. Diese sogenannte Berufsunfähigkeitsversicherung können Sie als Einzelvertrag oder mit einer Rentenversicherung verbunden abschließen. Die Beiträge lassen sich als Vorsorgeleistungen von der Steuer absetzen.
 

Was ist zu beachten?

Die Deutsche Rentenversicherung zahlt eine Erwerbsminderungsrente nicht automatisch lebenslang. Die Rentenkasse überprüft regelmäßig, meist im Abstand von drei Jahren, ob der Anspruch noch berechtigt ist oder ob sich der gesundheitliche Zustand verbessert hat. Als Rentenempfänger sollten Sie immer rechtzeitig einen Folgeantrag stellen und alle erforderlichen Unterlagen und ärztlichen Dokumentationen beilegen. Wer bereits neun Jahre lang Erwerbsminderungsrente erhält oder aus medizinischer Sicht eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit als unwahrscheinlich erscheint, bekommt meist die unbefristete Erwerbsminderungsrente. Der Bezug dieser Rente endet mit dem Erreichen des Rentenalters.
 

Was bedeutet Grundrente für Selbstständige?

Selbstständige sollten jenseits der Erwerbsminderungsrente auch die 2021 in Kraft getretene Grundrente kennen. Wer langjährig pflichtversichert war und mindestens 35 Jahre Grundrentenzeit aufweisen kann, kann von der Grundrente profitieren. Selbstständige müssen also regelmäßig über einen langen Zeitraum in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Diese Form der Altersabsicherung richtet sich vor allem ans Selbstständige mit geringem Einkommen.
 

Wann kann ich als Selbstständiger in Rente gehen?

Die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente für Selbstständige sind nun skizziert worden. Sofern keine Krankheit für eine Erwerbsminderung vorliegt, stellen sich auch Selbstständige die Frage, wie lange sie arbeiten müssen. Grundsätzlich haben pflichtversicherte Selbstständige die Möglichkeit, mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente zu gehen, was z. B. von Handwerkern genutzt wird. Voraussetzung für die Rente mit 63 für Selbstständige ist, dass 45 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt wurden.
 

Wie lange wird Erwerbsminderungsrente bezahlt?

Auch wenn es so klingen mag, bedeutet ein bewilligter Antrag für eine Erwerbsminderungsrente nicht, dass diese lebenslang gezahlt wird. Vielmehr ist es so, dass ca. alle 3 Jahre überprüft wird, ob sich der Gesundheitszustand verbessert hat. Selbstständige, die Erwerbsminderungsrente bekommen, sollten rechtzeitig an einen Folgeantrag denken. Eine unbefristete Erwerbsminderungsrente kann gewährt werden, wenn aus medizinischer Sicht nicht mehr mit einer Verbesserung des Gesundheitszustands zu rechnen ist oder eine befristete Erwerbsminderungsrente schon länger als 9 Jahre gezahlt worden ist.

 

Fazit

Die Rentenkasse zahlt eine Erwerbsminderungsrente für Selbstständige, wenn diese ausreichend Beitragszeiten nachweisen können und in den Jahren vor der Erwerbsunfähigkeit versichert waren. Wer also schon viele Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, bevor er sich selbstständig gemacht hat, sollte ernsthaft darüber nachdenken, die Versicherung freiwillig weiterzuführen. So gehen die bisher erlangten Entgeltpunkte nicht verloren. Wichtig ist, dass Sie bis zum Eintritt des Leistungsfalles Beiträge zahlen.

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