Selbstständig machen als Rechtsanwalt

Wer am Ende eines anspruchsvollen Studiums der Rechtswissenschaft ein Examen mit Prädikat erlangt, hat in der Berufswelt eigentlich alle Chancen. Doch eine Karriere als Staatsanwalt ist nicht für jeden eine Option. Gerade aber im Rechtsbereich ist die Abschlussnote ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den beruflichen Einstieg. Die Option der Selbstständigkeit hat im Grunde jeder angehende Rechtsanwalt, daher sollen im Folgenden die wichtigsten Optionen und Faktoren praxisnah beleuchtet werden. Je nach persönlichen Präferenzen und auch finanziellen Möglichkeiten kann eine bereits vorhandene Kanzlei inklusive Mandanten übernommen werden. Darüber hinaus ist es in der Praxis üblich, sich als Sozius in einer Kanzlei einzubringen. Aber auch der erfolgreiche Weg als ‚Einzelkämpfer‘ ist durchaus möglich.
Existenzgründung: Mit dem Status "Freiberufler" in die Selbstständigkeit starten
Rechtsanwälte gehören laut Gesetz zur Gruppen der freien Berufe, sodass ihnen der Status Freiberufler gewährt wird. Insofern brauchen Rechtsanwälte nicht zwingend Startkapital, sie haften jedoch im Falle des Scheiterns auch mit ihrem Privatvermögen. Insofern gilt es, mögliche Risiken zu erkennen und diese bestmöglich abzusichern (Stichwort Berufshaftpflichtversicherung). Schließen sich mehrere Rechtsanwälte als Freiberufler zusammen, so lässt sich dies unter dem Dach der Gesellschaftsform Partnergesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bewerkstelligen. Ein großer Vorteil des Status Freiberufler liegt darin begründet, dass keine Gewerbesteuer gezahlt werden muss, folglich ist auch kein Gewerbe anzumelden. Rechtsanwälte sind aber natürlich einkommens- und auch umsatzsteuerpflichtig, eine entsprechende Anmeldung hat also vor Aufnahme der Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt zu erfolgen. Die zu zahlende Steuerlast wird üblicherweise bei der Einkommenssteuerklärung mit einer Einnahme-Überschussrechnung ermittelt.
Verschiedene Wege in die berufliche Selbstständigkeit als Rechtsanwalt
Eine klassische Möglichkeit bietet die Tätigkeit als sogenannter Sozius in einer Sozietät: Hier teilen sich mehrere Rechtsanwälte die Büroräume und oft auch den Mandantenstamm, dies alles zumeist unterhalb des Rechtsgerüstes einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ein kritischer Faktor hierbei ist die Haftung, denn das Mandat eines Rechtsanwalts ist immer gleichzeitig das aller Anwälte, sodass eine gemeinsame Haftung besteht. Zwar handeln Rechtsanwälte weitestgehend frei und selbstbestimmt, dennoch ist eine Abhängigkeit von den anderen Rechtsanwälten nicht zu leugnen. Die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) sowie das Bürgerliche Gesetzbuch geben hierbei den konkreten Rahmen vor. Grundlegend handeln alle Anwälte der Gesellschaft gleichberechtigt, sodass auch rein formal alle Namen auf den offiziellen Dokumenten erscheinen müssen. Die Haftung aller Mitglieder der Sozietät orientiert sich an den Regelungen der GbR, womit auch das Privatvermögen im Ernstfall angetastet werden muss. Wer gewissermaßen eine flexiblere Art der Zusammenarbeit als Rechtsanwalt wünscht, sollte mit dem Gedanken einer so genannten Bürogemeinschaft spielen: Hierbei arbeitet jeder Anwalt selbstständig, nur die Ausstattung (Büroräume etc.) wird gemeinsam genutzt. Auf diese Weise lassen sich gerade in der Phase der Existenzgründung Kosten sparen, und durch einen ‚großen gemeinsamen Auftritt‘ dürfte es auch leichter fallen, an Mandanten zu kommen. Ideal ist es, wenn in einer Gemeinschaft verschiedene Fachrichtungen abdeckt werden, sodass keine interne Konkurrenz entsteht und die unterschiedlichen Fachkenntnisse sich idealerweise ergänzen. In Bezug auf die Haftung ist jeder Anwalt für sein eigenes Handeln voll und ganz verantwortlich. Es gibt im Gegensatz zur Sozietät keine gesamtschuldnerische Haftung. Der Zusatz ‚Bürogemeinschaft‘ muss in diesem Fall auf dem Briefkopf zu finden sein.
Sein berufliches Glück als Einzelkämpfer selbst in die Hand nehmen
Dieser Weg dürfte neben den bereits skizzierten der schwerste sein, aber er ermöglicht auch die größte Entfaltungsfreiheit. Allerdings sind Absolventen der Rechtswissenschaften nach dem Studium und dem zweiten Staatsexamen für diese Herausforderung in der Regel bestens vorbereitet, und die notwendigen Rechtskenntnisse für die Selbstständigkeit dürften ja keinerlei Problem darstellen. Die Praxis zeigt, dass mit einer Gründungsphase von 1 bis zu 3 Jahren gerechnet werden muss, bevor es in die Konsolidierungsphase geht, die etwa bis zum 6. Jahr dauern kann. Aber wie bei jeder Existenzgründung gilt es, sich zu Beginn ausführlich und strategisch mit allen wichtigen Aspekten konsequent auseinanderzusetzen. Dabei geht es in erster Linie um die eigene strategische Positionierung sowie um die Kalkulation der Kosten, um die Basis für Nachhaltigkeit zu legen und sich möglichst viele Handlungsspielräume offen zu halten.
Grundsatzentscheidung: Eher Spezialist oder ‚Generalist‘?
Um diese Frage beantworten zu können, sollte der Standort im Sinne einer Wettbewerbsanalyse sorgsam untersucht werden: Wie viele Anwälte einer Fachrichtung gibt es schon? Wie hoch ist der Bedarf? Gibt es aktuell noch eine Lücke? In dieser Hinsicht kann es Sinn machen, sich mit Blick auf die eigenen Kenntnisse und Schwerpunkte auf ein oder zwei Fachgebiete zu fokussieren. Somit wird auch der wahrgenommene Expertenstatus erhöht. Daneben sind die eigenen unternehmerischen Fähigkeiten z.B. mit Blick auf die Buchführung und Kostenkalkulation zu hinterfragen. Ein entsprechender Kurs für Existenzgründer kann sehr sinnvoll sein, um gleich zu Beginn wichtige Entscheidungen richtig zu treffen. Der Deutsche Anwaltsverein, das Deutsche Anwaltsinstitut, die örtliche Industrie- und Handelskammer sowie die Bundesrechtsanwaltskammer sind mögliche Informationsquellen, um die freiberufliche Tätigkeit professionell zu planen. Zu beachten ist, dass gerade in der Startphase Kosten entstehen, die gedeckt werden sollten. Und letztlich muss natürlich auch ein attraktives Einkommen möglich sein. Kosten fallen insbesondere für die Räumlichkeiten und etwaiges Personal, aber auch für Literatur, eine Robe und Marketingmaßnahmen an. Auch ein ansprechendes Schild vor der Kanzlei zählt zu den notwendigen Investitionen, um auf sich aufmerksam zu machen. Ganz in dieser Hinsicht darf eine suchmaschinenoptimierte Webseite natürlich nicht fehlen, um virtuelle Präsenz zu zeigen und potenzielle Mandanten zu gewinnen. Mittlerweise gibt es auch für Anwälte viele Portale, auf denen Mandanten gefunden werden können. Für die erfolgskritische Mandantenakquise in der Startphase sollten die Möglichkeiten des Internets also konsequent ausgeschöpft werden. Zu einem späteren Zeitpunkt läuft sehr viel über Mund-zu-Mund Propaganda und Empfehlungen, aber ein solcher Mandantenstamm will erst einmal gewonnen werden.
Finanzierungshilfen und weitere Startvoraussetzungen prüfen
Wer eine eigene Kanzlei aufbauen möchte, um eine Phase der Arbeitslosigkeit nach einer nicht erfolgreichen Bewerbungsphase zu beenden, braucht Geld. Insofern sollten alle gängigen Finanzierungshilfen geprüft werden. Zu denken ist etwa an einen Gründungszuschuss gemäß § 57 SGB III oder an ein Gründerdarlehen der KfW. Es kann sich lohnen, ein Gespräch bei der Bundesagentur für Arbeit zu suchen, um mögliche Wege konkret zu planen. Für welche der beschriebenen Arten der Selbstständigkeit sich ein Anwalt auch entscheidet, die Anmeldung bei der jeweils zuständigen Rechtsanwaltskammer ist zwingend (die Gebühr hierfür liegt derzeit bei ca. 150 Euro). Von zentraler Bedeutung ist der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung, alleine schon, um überhaupt erst die Zulassung als Anwalt zu bekommen. Eine solche Versicherung schützt vor möglichen finanziellen Schäden, die aus eigenen Fehlern entstehen können. Da Rechtsanwälte als Freiberufler auch mit ihrem Privatvermögen haften, ist eine solche Versicherung alternativlos. Wer in einer Bürogemeinschaft oder Sozietät tätig ist, braucht eine Bestätigung für diese Zusammenarbeit. Wer als Rechtsanwalt zugelassen ist, ist gleichzeitig Mitglied des Versorgungswerks für Rechtsanwälte. Die hierfür zu entrichtenden Beitragszahlungen sind von der Höhe des Verdienstes abhängig. Ganz in diesem Sinne sei noch darauf hingewiesen, dass die Verdienstmöglichkeiten im Großen und Ganzen von der aktuellen Gebührenordnung vorgegeben werden, was individuelle Honorarvereinbarungen nicht ausschließt. Grundlage für die korrekte Abrechnung der Gebühren ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Selbstständig machen als Rechtsanwalt:
Zentrale Aspekte und Handlungsoptionen
- mehrere Optionen sind denkbar: Mitglied einer Sozietät, einer Bürogemeinschaft oder Einzelkämpfer (Gründung oder auch Übernahme einer Kanzlei)
- Rechtsanwälte müssen als Freiberufler kein Gewerbe anmelden
- Anmeldung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer
- die Honorare sind einkommens- und umsatzsteuerpflichtig (Kenntnisse über Buchhaltung?)
- eigene Fachkenntnisse für eine strategische Positionierung einschätzen: Fachanwalt oder eher Generalist? Was wird vor Ort konkret nachgefragt?
- unternehmerisch denken und handeln: Kosten kalkulieren und Finanzierungsoptionen prüfen (ggf. ist ein Crashkurs für Existenzgründer sinnvoll!)
- Marketing 2.0: ein professioneller Internetauftritt kann neue Mandanten bringen
- eine Berufshaftpflichtversicherung ist eine Zulassungsvoraussetzung, sie schützt das Privatvermögen im Falle von Schadensforderungen
- die Honorarabrechnung erfolgt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
Wichtig: Das ändert sich bei Ihrer Krankenversicherung, wenn Sie selbstständig sind
Als Selbstständige/r oder Freiberufler/in sind Sie nicht mehr automatisch in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) pflichtversichert. Sie müssen sich nun aktiv für eine Form der Krankenversicherung entscheiden. Die Beitragshöhe in der GKV orientiert sich am Einkommen. Die Kosten für Selbstständige betragen in diesem Jahr zwischen ...