Erfolgreiche Existenzgründung auch mit wenig Eigenkapital

In Fachbüchern steht es schwarz auf weiß: Wer gründet braucht Geld. Ein Kapitaleinsatz von mindestens 10.000 €, wenn nicht gar 25.000 € ist nötig – auf Pump, versteht sich. Außerdem scheint jeder Gründer, egal ob er Geld von der Bank benötigt oder nicht, einen umfangreichen Businessplan aufstellen müssen. An dieser Stelle sei die Frage gestattet, ob alles, was in Fachbüchern steht und von renommierten Experten geäußert wird, tatsächlich auch immer und für jeden Gründer gelten kann. Die gewagte Antwort lautet: Nein.
Und natürlich gibt es auch für diese These prominente Verfechter. Ein Blick an die Freie Universität (FU) Berlin bringt es ans Tageslicht. Hier lehrt Prof. Günter Faltin, seines Zeichens Initiator eines sehr speziellen Studiengangs mit dem ungewöhnlichen Namen „Entrepreneurship“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine spezielle Vorgehensweise der Existenzgründung und Unternehmensführung, die so gar nichts mit der alten Schule zu tun hat, die auf strenge Hierarchien und einen wasserkopfartigen Verwaltungsapparat setzt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Studenten, die sich mit Entrepreneurship befassen lernen, alles Überflüssige zu identifizieren und effizient auf die kleinstmögliche Größe zu reduzieren. Im besten Fall wird die Dienstleistung für wenig Geld ausgelagert.
Wissen kompakt: Bücher von Profis lesen
Prof. Günter Faltin hat darüber einige Bücher geschrieben und veröffentlicht. Bezeichnend sind die Titel. „Kopf schlägt Kapital“ und „Wir sind das Kapital“ lauten diese. Genau hier steckt die Kernaussage der umfangreichen Ausführungen: Selbst denken und effizient handeln ersetzt Kapital.
Inzwischen haben sich in Deutschland auch an anderen Universitäten vergleichbare Studiengänge etabliert, Berlin ist nicht mehr alleine mit diesem Ansatz. Unter anderem bieten auch Hannover, Wuppertal und Siegen Masterstudiengänge in Sachen Entrepreneurship an. Ganz so neu ist der Gedanke also nicht mehr.
Das Gute an dem Hochschulansatz ist, dass er sich praktisch anwenden lässt. Ohne den Hörsaal zu besuchen können sich auch nicht studierte Gründungswillige mit geldwerten Informationen aus dem Dunstkreis der Unis versorgen und sich die Rosinen herauspicken, die ihnen praktisch weiterhelfen. Die „dicksten Rosinen“ präsentieren wir Ihnen jetzt. |
Den Bedarf erkennen, der zum Gründer passt
Eine Geschäftsidee steht und fällt mit dem Bedarf. In der frühen Phase der Entwicklung einer Geschäftsidee geht es darum, einen echten Bedarf zu entdecken. Was wollen Verbraucher, wonach suchen sie? Besten Tee zu günstigen Preisen? Reine Chia-Saat ohne Giftstoffe? Gründer müssen sich reinknien und recherchieren, Zeit investieren und ganz viel Energie aufwenden. Was Gründer allerdings nicht müssen, ist die Ergebnisse ihrer Recherchen in einen Businessplan pressen. Sie brauchen (vorerst) kein Geld, sie brauchen Zeit für die Entwicklung der Geschäftsidee.
Für den langfristigen Erfolg ist es essentiell, dass die Geschäftsidee aus einer Sparte kommt, die den Gründer wirklich interessiert. Denn dann ist sichergestellt, dass er auch Jahre später noch für sein Vorhaben brennt.
Keep it simple: KIS - Kompliziert war gestern
Eine wesentliche Erkenntnis von Entrepreneuren ist, dass eine Geschäftsidee möglichst einfach sein soll. Ja, man sagt sogar je einfacher, desto besser. Sie brauchen das Rad nicht neu erfinden, sondern es ist intelligent, vorhandene Komponenten miteinander zu kombinieren.
Ein Beispiel:
Ein Gründer möchte hochwertigen Tee zu günstigen Preisen anbieten. Sein Konzept sieht einen sehr effizienten Ablauf vor: Er importierte einen ganzen Container feinsten Tee aus Indien und lässt diesen in einem Verpackungsbetrieb im Hamburger Hafen einheitlich in 3-kg-Beutel abpacken und verschicken. Diese Beutel bietet er ausschließlich online zum Verkauf an. Er kombiniert also vorhandene Komponenten miteinander wie zum Beispiel
- Transport,
- Verpackung und
- Versand,
statt den Tee
- selbst abzuholen,
- zur eigenen Lagerhalle zu bringen,
- mit den eigenen Mitarbeitern und
- mit selbst gekauftem Material zu verpacken und
- zu versenden.
Er hat viele teuren Zwischenschritte ausgeschaltet (Zwischenhändler, langfristige Lagerkosten, Verpackungsmaterial, feste Mitarbeiter, Miete für einen Teeladen etc.) und kann deshalb einen konkurrenzlos günstigen Preis anbieten. Sein Tee kostet nur die Hälfte des marktüblichen Preises.
Der Gründer hat bereits vor der Bestellung des Containers in Indien die Ware fest verkauft. Dazu hat er eine simple Internetseite konzipiert und sein Vorhaben in sozialen Medien beworben - kostenlos. Inhalt der Kampagne: Bestellen Sie Ihren Jahresvorrat (3kg) feinsten schwarzen Tees für die Hälfte des normalen Verkaufspreises. Wenn wir bis zum Termin XY mindestens 150 Besteller zusammenbekommen, importieren wir den Tee. Andernfalls muss niemand etwas bezahlen.
Klingt in Ihren Ohren ungewöhnlich? Stimmt, aber so startete die Teekampagne von Prof. Günter Faltin, der damit ein Exempel statuierte, wie Entrepreneurship funktioniert. Die Teekampagne ist heute der größte und erfolgreichste Teeimporteur in Deutschland.
Überflüssige Bestandteile auslagern
Das Beispiel der Teekampagne zeigt es deutlich: Eine Geschäftsidee ist dann effizient konzipiert, wenn sie auf das Wesentliche reduziert ist. Das Konzept muss laufen, wie eine gut geschmiert Maschine. Bildlich gesprochen gibt es kein überflüssiges Zahnrad und keinen unnötigen Prozess, der das Endprodukt verteuert.
Fazit: Zerlegen Sie Ihre Geschäftsidee in die wesentlichen Bestandteile und suchen Sie nach kostengünstigen Spezialanbietern, die professionelle Dienstleistungen erbringen. Während dieser Zeit können Sie sich den Kernaufgaben widmen und Umsatz machen. |
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